StartDVD & Blu-rayDokumentationSteckbrief eines Unerwünschten - Nach Reportagen von Günter Wallraff

Steckbrief eines Unerwünschten – Nach Reportagen von Günter Wallraff

Steckbrief eines Unerwünschten – Nach Reportagen von Günter Wallraff ist ein Doku-Film mit u.a. Jürgen Reuter und Horst Schulze. Im Vertrieb von OneGate erschien der Film am 16. August 2024 auf DVD.

Steckbrief eines Unerwünschten

Bereits in den 70er-Jahren war der bekannte Schriftsteller und Enthüllungsjournalist Günter Wallraff im damaligen Westdeutschland unterwegs, um auf diverse Missstände in Unternehmen und Behörden aufmerksam zu machen. So ging er als Laienmönch in einem von Fürst Emanuel von Thurn und Taxis gegründeten Kloster undercover. Hier brachte er u.a. eine dubiose Finanzierung ans Licht. Als nächstes deckte Wallraff Ungerechtigkeiten im Melitta-Konzern auf. Die Folgen waren Prozessandrohungen und die Verbreitung eines „Steckbriefes“ zu seiner Person, adressiert an andere Konzerne zur Warnung. In einem anderen Fall verschlug es den Journalisten in den Gerling-Konzern nach Köln. Auch hier konnte er auf untragbare Zustände hinweisen. Da Günter Wallraff zur damaligen Zeit keinen Sendeplatz bei den öffentlich-rechtlichen Sendern der BRD für seine Enthüllungsberichte erhielt, nutzte er kurzerhand das Angebot des DDR-Fernsehens.

Die Dokumentation „Steckbrief eines Unerwünschten“ von 1975, basierend auf den Enthüllungsreportagen des berühmten deutschen Investigativjournalisten Günter Wallraff, ist ein eindrucksvolles Zeugnis für das Engagement eines Mannes, der sich unerschrocken in die Schattenseiten der westdeutschen Wirtschaftswelt begab. Der Film, unter der Regie von Joachim Kunert, wurde vom DDR-Fernsehen produziert, da Wallraff in der BRD keine Plattform für seine Enthüllungen fand – ein Umstand, der die Brisanz seiner Recherchen verdeutlicht. Der Film besteht aus drei Episoden, die jeweils einen anderen Aspekt von Wallraffs investigativen Arbeiten beleuchten. Die Reportagen zeigen auf erschütternde Weise, wie er unter falscher Identität in große Unternehmen eingeschleust wurde, um deren fragwürdige Praktiken und Missstände aufzudecken. Besonders beeindruckend ist die zweite Episode, die sich mit dem Melitta-Konzern beschäftigt. Wallraff enthüllt dort ein zutiefst autoritäres Betriebssystem, in dem die Rechte der Arbeitnehmer nahezu vollständig ignoriert werden. Die Schilderungen aus dem Inneren des Konzerns sind erschreckend und erinnern daran, wie wichtig es ist, die Machtstrukturen großer Unternehmen zu hinterfragen.

In einer anderen Episode widmet sich Wallraff dem Gerling-Konzern, einem großen Versicherungshaus in Köln. Auch hier deckt er untragbare Arbeitsbedingungen und die extreme soziale Ungleichheit zwischen den verschiedenen Hierarchieebenen auf. Die von Wallraff beschriebenen Verhältnisse zeigen deutlich, wie skrupellos Unternehmen ihre Macht ausnutzen können, um ihre Interessen durchzusetzen – oft auf Kosten der Angestellten. Der Film besticht durch seine sachliche und nüchterne Darstellung, die den Zuschauer tief in die Materie eintauchen lässt. Die Tatsache, dass die Geschichten auf realen Begebenheiten beruhen, verleiht dem Ganzen eine erschreckende Authentizität. Der Einsatz von Originalaufnahmen und die ungeschönten Einblicke in die von Wallraff enthüllten Zustände machen den Film zu einem wichtigen zeitgeschichtlichen Dokument.

Die schauspielerische Leistung des Ensembles trägt erheblich zur Wirkung des Films bei. Jürgen Reuter, der die Rolle des Günter Wallraff übernimmt, verkörpert den Journalisten mit einer beeindruckenden Mischung aus Zurückhaltung und Entschlossenheit. Auch Helga Göring und Otto Mellies, die in Nebenrollen zu sehen sind, liefern starke Darstellungen ab, die die dramatischen Momente des Films verstärken. Was diesen Film besonders bemerkenswert macht, ist die politische Dimension. Wallraff nahm mit seinen Enthüllungen nicht nur den Kampf gegen die Unternehmen auf, sondern stellte sich auch gegen das System, das diese Verhältnisse ermöglichte. Dass der Film in der DDR produziert wurde, zeigt, wie schwer es für kritische Stimmen in der BRD damals war, Gehör zu finden. Gleichzeitig stellt sich jedoch die Frage, inwiefern der Film auch Propagandazwecken diente, indem er die westdeutschen Verhältnisse als abschreckendes Beispiel darstellt.

Aus heutiger Sicht hat „Steckbrief eines Unerwünschten“ nichts von seiner Relevanz verloren. Die Themen, die Wallraff damals aufgriff – Machtmissbrauch, soziale Ungerechtigkeit und die Notwendigkeit eines freien Journalismus – sind auch heute noch von großer Bedeutung. Der Film erinnert uns daran, dass es immer wieder mutige Individuen braucht, die bereit sind, sich für die Wahrheit einzusetzen, auch wenn dies persönliche Risiken birgt. Insgesamt ist „Steckbrief eines Unerwünschten“ ein Film, der tief bewegt und nachdenklich stimmt. Er bietet nicht nur einen Einblick in die Arbeitswelt der 1970er Jahre, sondern auch in die Herausforderungen, denen sich investigative Journalisten stellen müssen. Für mich ist dieser Film ein starkes Plädoyer für den Wert von Journalismus, der sich nicht scheut, auch die dunklen Seiten unserer Gesellschaft ans Licht zu bringen.

Steckbrief eines Unerwünschten - Nach Reportagen von Günter Wallraff

7.9

Story

8.5/10

Qualität

7.0/10

Schauspieler

8.3/10

Umfang

8.0/10

Umsetzung

7.9/10

Hat mir besonders gefallen

  • Die Dokumentation basiert auf realen Begebenheiten und verleiht den Enthüllungen eine hohe Authentizität.
  • Die Darsteller, insbesondere Jürgen Reuter, tragen maßgeblich zur eindrucksvollen Darstellung der Enthüllungen bei.
  • Der Film thematisiert Machtmissbrauch und soziale Ungerechtigkeit, die auch heute noch aktuell sind.
  • Der Film bietet einen tiefen Einblick in die fragwürdigen Praktiken großer Konzerne.
  • „Steckbrief eines Unerwünschten“ ist ein bedeutendes Zeugnis der Zeitgeschichte und zeigt die Schwierigkeiten auf, mit denen investigative Journalisten konfrontiert sind.
Mediennerd
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Medienproduzent/Blogger, Katzenliebhaber und 1. FC Köln Fan im hohen Norden. Mit meiner Berufs- und Lebenserfahrung teste und vermarkte ich seit 2009 Produkte aller Art. Sie erhalten immer ein ehrliches Feedback.
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