So nah und doch so fern (BALANCE Buch + Medien Verlag)
November 2024
So nah und doch so fern
Das Zusammenleben mit einem depressiv erkrankten Menschen stellt Angehörige vor immense Herausforderungen. Die Unsicherheit, wie man der erkrankten Person helfen kann, ohne sie zu überfordern oder sich selbst zu verlieren, kann überwältigend sein. In ihrem Buch „So nah und doch so fern: Mit depressiv erkrankten Menschen leben“ greift Jeannette Bischkopf dieses schwierige Thema auf und liefert einen praxisorientierten Ratgeber, der Angehörigen wertvolle Unterstützung bietet. Sie verbindet fundiertes Fachwissen mit einfühlsamen und lebensnahen Ratschlägen, die in der Realität umsetzbar sind.
Verständnis für Depressionen schaffen
Ein zentraler Aspekt des Buches ist die Vermittlung eines besseren Verständnisses für die Erkrankung selbst. Jeannette Bischkopf erklärt, was Depressionen auszeichnet, wie sie sich äußern und wie sie das Leben der betroffenen Person beeinflussen. Dabei geht sie auf typische Symptome wie Antriebslosigkeit, Gefühle der Hoffnungslosigkeit und soziale Isolation ein. Besonders hervorzuheben ist ihre Fähigkeit, die medizinischen und psychologischen Aspekte der Depression in einer klaren, für Laien leicht verständlichen Sprache zu beschreiben. Dies hilft Angehörigen, die Krankheit nicht nur intellektuell zu begreifen, sondern auch emotional nachzuvollziehen.
Praktische Ratschläge für den Alltag
Der wohl wertvollste Teil des Buches sind die praktischen Tipps, die Angehörige direkt im Alltag anwenden können. Bischkopf zeigt, wie wichtig es ist, eine Balance zwischen Unterstützung und Selbstschutz zu finden. Sie gibt konkrete Empfehlungen, wie man depressiv erkrankte Menschen motivieren kann, ohne Druck aufzubauen, und wie man auf schwierige Situationen wie Rückzug oder negative Denkmuster reagiert.
Ein Beispiel hierfür ist ihr Vorschlag, kleine und realistische Ziele zu setzen, die Betroffene bewältigen können, ohne sich überfordert zu fühlen. Gleichzeitig weist sie darauf hin, wie wichtig es ist, sich selbst regelmäßig Auszeiten zu nehmen und die eigenen Bedürfnisse nicht zu vernachlässigen. Dieser Aspekt zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch: Nur wenn Angehörige für sich selbst sorgen, können sie langfristig eine Unterstützung sein.
Umgang mit Schuld und Hilflosigkeit
Ein weiteres wichtiges Thema, das Bischkopf anspricht, sind die Gefühle von Schuld und Hilflosigkeit, die viele Angehörige erleben. Sie räumt ein, dass es normal ist, sich manchmal überfordert oder sogar wütend zu fühlen. Entscheidend sei, diese Gefühle zu akzeptieren und sich nicht dafür zu verurteilen. Stattdessen empfiehlt sie, sich bewusst zu machen, dass man als Angehöriger keine Heilung herbeiführen kann – das liegt allein in der Hand von Fachleuten.
Bischkopf gibt zudem Einblicke in die Möglichkeiten der professionellen Hilfe. Sie erklärt, wie Psychotherapie und medikamentöse Behandlung wirken, und ermutigt Angehörige, sich aktiv in den Genesungsprozess einzubringen, ohne dabei die professionelle Behandlung zu ersetzen. Dies gibt Lesern ein realistisches Bild davon, was sie tun können und wo ihre Grenzen liegen.
Über die Autorin
Jeannette Bischkopf ist Diplom-Psychologin und Professorin an der Fachhochschule Kiel, wo sie in den Bereichen Psychologie und Gruppendynamik unterrichtet. Ihre langjährige Erfahrung in der Arbeit mit depressiv erkrankten Menschen und deren Angehörigen verleiht dem Buch eine hohe Glaubwürdigkeit. Sie kombiniert wissenschaftliche Expertise mit einer empathischen Perspektive, die den Leser anspricht und ihm das Gefühl gibt, verstanden zu werden. Ihre Fachkenntnisse und die Praxisnähe des Buches machen es zu einem unverzichtbaren Ratgeber für alle, die einen depressiv erkrankten Menschen begleiten.
Leserfreundliche Gestaltung
Ein weiteres Highlight des Buches ist seine klare Struktur. Jedes Kapitel behandelt ein spezifisches Thema und endet mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Punkte. Diese Abschnitte sind besonders hilfreich, wenn man das Buch nicht in einem Rutsch lesen möchte, sondern sich gezielt auf bestimmte Situationen vorbereiten will. Der Schreibstil ist sachlich, aber zugleich einfühlsam, was das Lesen angenehm macht.
Wer sollte dieses Buch lesen?
Das Buch richtet sich in erster Linie an Angehörige von Menschen mit Depressionen, ist aber auch für Freunde, Arbeitskollegen oder andere Bezugspersonen hilfreich. Es bietet nicht nur fachliches Wissen, sondern auch praktische Anleitungen, um die Herausforderungen des Alltags zu meistern. Besonders empfehlenswert ist es für diejenigen, die bisher wenig Erfahrung mit psychischen Erkrankungen haben und sich eine fundierte, aber leicht verständliche Einführung wünschen.
Fazit
„So nah und doch so fern“ ist mehr als nur ein Ratgeber – es ist ein einfühlsamer Begleiter für alle, die mit depressiv erkrankten Menschen zusammenleben. Jeannette Bischkopf gelingt es, ein komplexes und emotional belastendes Thema in einer Weise zu behandeln, die Mut macht und Hoffnung gibt. Das Buch vermittelt nicht nur Wissen, sondern auch konkrete Handlungsanweisungen, die den Alltag erleichtern. Gleichzeitig zeigt es, dass Angehörige nicht allein sind und Unterstützung in Anspruch nehmen dürfen. Für mich ist dieses Buch ein wertvoller Leitfaden, den ich jedem ans Herz legen würde, der mit dem Thema Depression konfrontiert ist.