Wurmstichig (Edition 8)
September 2024
Wurmstichig von Peter Weingartner
„Wurmstichig“ von Peter Weingartner ist ein spannender Kriminalroman, der mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen hat. Die Geschichte entfaltet sich im beschaulichen Umfeld eines Kleinstädtchens, das auf den ersten Blick kaum aufregend wirkt. Doch unter der Fassade der ehrenwerten Familie Meyer rumort es gewaltig. Ein geheimnisvolles Verbrechen bringt alte Familiengeheimnisse ans Licht, und plötzlich zeigt sich, dass die saubere Fassade tiefe Risse hat.
Eine dichte Atmosphäre
Der Autor, Peter Weingartner, Jahrgang 1954 und in Luzern ansässig, ist kein Unbekannter im Bereich der Kriminalliteratur. Seine langjährige Erfahrung, die er durch zahlreiche Hörspiele, Theaterstücke und Romane gesammelt hat, spiegelt sich in der kunstvollen Konstruktion von „Wurmstichig“ wider. Weingartner versteht es meisterhaft, eine dichte, unheimliche Atmosphäre zu schaffen, die einen das Buch kaum aus der Hand legen lässt.
Die Handlung dreht sich um eine vermeintliche Grabschändung auf dem Friedhof der Meyers. Doch schnell stellt sich heraus, dass dieser Vorfall nur der Anfang ist. Es folgen seltsame Botschaften und rätselhafte Hinweise, die sowohl die Polizei als auch die Familie vor große Herausforderungen stellen. Besonders die Verbindung zur Zahlenmagie, die immer wieder in die Geschichte eingeflochten wird, verleiht dem Roman eine mystische, beinahe surreale Note, die mich als Leser tief in die Geschehnisse eintauchen ließ.
Komplexe Figuren
Ein Highlight des Romans ist der Protagonist Anselm Anderhub, ein Bewohner des Städtchens, der in den Ermittlungen der Luzerner Kriminalpolizei eine zentrale Rolle spielt. Anderhub ist kein typischer Ermittler; er kennt die Bewohner und die Familiengeschichte der Meyers, was seine Perspektive besonders spannend macht. Doch genau diese Nähe stellt ihn auch vor ein Dilemma: Kann er objektiv bleiben, oder wird er selbst Teil des undurchsichtigen Netzes aus Lügen und Geheimnissen?
Die Figuren in „Wurmstichig“ sind vielschichtig und glaubwürdig dargestellt. Besonders die Mitglieder der Meyer-Familie haben es mir angetan. Jeder von ihnen trägt ein dunkles Geheimnis mit sich herum, und Weingartner gelingt es, die Abgründe menschlicher Psyche überzeugend zu schildern. Von Anfang an fühlt man, dass hier mehr im Spiel ist als nur ein einfacher Mordfall.
Stil und Sprache
Weingartners Schreibstil ist präzise und bildhaft. Ohne unnötige Ausschmückungen schafft er es, die düstere Stimmung des Kleinstädtchens und der bröckelnden Familie Meyer einzufangen. Besonders gut gefallen haben mir die kleinen, scheinbar nebensächlichen Details, die jedoch einen großen Einfluss auf das Gesamtbild haben. Der Roman ist stilistisch kein einfacher Krimi, sondern fordert den Leser, mit seinen komplexen Themen wie Schuld, Vergebung und familiärer Verstrickung.
Fazit: Ein packender Krimi
„Wurmstichig“ ist ein Kriminalroman, der auf leisen Sohlen daherkommt, aber einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Die Mischung aus familiären Geheimnissen, einem scheinbar übernatürlichen Rätsel und einer intensiven Ermittlungsarbeit ist Weingartner bestens gelungen. Wer spannende Krimis liebt, die nicht nur durch Action, sondern vor allem durch psychologische Tiefe überzeugen, wird „Wurmstichig“ lieben.
Dieser Roman ist mehr als nur ein einfacher Whodunit-Krimi. Es ist ein tiefgründiges Werk über die Abgründe hinter bürgerlicher Wohlanständigkeit, das mich sowohl unterhalten als auch zum Nachdenken gebracht hat.