Old Firehands letzter Kampf (Karl-May-Verlag)
Oktober 2025
Ein alter Held kehrt zurück
Man glaubt, ein Held sei zur Ruhe gekommen, doch das Leben hat seine eigene Agenda: Im neuen Abenteuerroman „Old Firehands letzter Kampf“ von Friedhelm Schneidewind wird der legendäre Westmann zurück ins Geschehen gerufen – nicht weil er es will, sondern weil Freundschaft, Pflichtgefühl und ein Verrat ihn nicht anders lassen. Nach einer schweren Verletzung im Kampf gegen die Poncas hat Old Firehand sich in St. Louis zurückgezogen, ein ruhigeres Leben gewählt. Doch als sein Freund, ein Büchsenmacher namens Henry, überfallen wird, verändert sich alles. Es ist nicht bloß ein Überfall – es ist ein Weckruf für einen Mann, der glaubte, seine Waffen an den Nagel gehängt zu haben.
Die Weite Amerikas, die Freiheit der Prärie, gewinnt erneut Kontrast zu Verfolgung, Gier und Verzweiflung. Man spürt das Motiv: Altwerden heißt nicht Harmloswerden. Old Firehand schultert seine Vergangenheit, die Narben – körperlich und seelisch – und reitet los in eine Hatz quer durchs Land, begleitet von alten Gefährten wie Winnetou, gemeinsamen Rivale und Bruder – und auch jungen Wilden wie Buffalo Bill.
Action, Emotion und ein Hauch von Legende
Friedhelm Schneidewind erzählt nicht einfach ein Wildwest-Abenteuer. Er lässt spüren, wie ein Mann zwischen Rückzug und Pflichtringung steht. Wenn Old Firehand erneut in Sattel steigt, ist dies keine glorreiche Rückkehr ohne Zweifel, sondern ein Schritt über eine unsichtbare Grenze – zurück ins Gefecht, zurück zu einer Identität, die er fast verloren glaubte. Die monatelange Verfolgung führt durch die USA, durch Wüsten, Städte, Verstecke, hinterlässt Staub, Spuren, Erschöpfung. Zuschauer sind keine mehr – hier reitet ein Mann für etwas, das größer ist als Ruhm.
Die Szenen, in denen Schneidewind alte Figuren aufleben lässt – Winnetou, die „verkehrten Toasts“, Pitt Holbers und Dick Hammerdull – haben etwas Vertrautes und doch Frisches. Man spürt Nostalgie, aber keine Routine. Die Sprache ist so geschrieben, dass man Hufschlag hört, den Wind riecht, die Herausforderung spürt. Und zugleich sitzt man mitten im Ringen eines Helden, der nicht einfach unverwundbar ist, sondern altert, vergisst, neu kämpft.
Ambitioniert und doch greifbar
Was besonders auffällt: Schneidewind traut sich, die Schwächen zu zeigen. Old Firehand ist nicht mehr der junge Kämpfer ohne Narben. Er hat gelebt. Und genau deshalb wirkt seine Rückkehr glaubwürdig. Die körperlichen Grenzen, das Hadern mit der Vergangenheit, die Fragen „War das alles?“ oder „Was bleibt?“ machen das Buch mehr als ein Abenteuer – es wird eine Reflexion im Sattel.
Gleichzeitig bleibt der Roman kein philosophisches Werk. Er liefert Verfolgungsjagden, Duelle, Verstecke, Kooperationen zwischen Westmännern und Indianern – all das in dichter Erzählung, so dass sich Spannung und Tempo einstellen, ohne dass man überfordert wird. Für Fans von klassischen Western-Erzählungen bietet das Buch viel: bekannte Werte, klare Feinde, Freundschaft – und doch eine neue Tiefe.
Wo man noch mehr gewünscht hätte
Trotz seiner Stärken zeigt sich hier und da, dass manches vertraut wirkt: Der klassische Aufbau – ein Überfall, eine Verfolgung, ein Showdown – ist solide, aber nicht übermäßig überraschend. Wer viele Western gelesen hat, wird das Muster kennen. Ein wenig mehr Unerwartetes oder eine stärkere innere Aufarbeitung der Alterung des Helden könnte dem Ganzen noch mehr Gewicht gegeben haben.
Auch die Nebenfiguren – so liebenswert sie sind – bleiben manchmal mehr Ikonen als Menschen mit voller Tiefe. Der Fokus liegt klar auf Old Firehand, was vollkommen okay ist, aber wer tiefer in die Welt der Gefährten eintauchen möchte, wird manchmal nur Oberflächen bekommen.
Fazit – Ein würdiger Abschied oder Neubeginn?
„Old Firehands letzter Kampf“ ist kein letzter Versuch, sondern ein starkes Wiederaufleben einer Figur, die man längst ins Herz geschlossen hat. Schneidewind verbindet Tradition und Erneuerung, lässt Helden schlagen und fühlen, reiten und zweifeln. Wer Western liebt, wer Old Firehand kennt, wer sich nach einer Erzählung sehnt, die nicht nur „Wildwest“ sagt, sondern „Lebensweg im Westen“, der wird hier gut bedient.

