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Mit all meinen Gesichtern: Lyrik und Prosa. Aus dem Arabischen von Kerstin Wilsch

Mit all meinen Gesichtern (Klever Verlag)

September 2024

Zu entdecken gilt es die syrische Dichterin Kholoud Charaf, die sich seit Herbst 2023 als Writers-in-Exile-Stipendiatin in Wien aufhält. Nun erscheint ihr erstes Buch in deutscher Übersetzung (Kerstin Wilsch aus dem Arabischen)…
Autor: Kholoud Charaf, Kerstin Wilsch (Übersetzer)
Genre: Autobiografische Literatur
80%
Umfang
90%
Schreibstil
92%
Thema
85%
Lesbarkeit
75%
Buchcover
60%
Illustrationen
„Mit all meinen Gesichtern“ ist ein eindrucksvolles Werk, das die tiefen Wunden des Krieges und der Flucht aufzeigt, aber auch die heilende Kraft der Poesie.


83%

Mit all meinen Gesichtern: Lyrik und Prosa

In ihrem Werk „Mit all meinen Gesichtern: Lyrik und Prosa“, übersetzt von Kerstin Wilsch, zeigt Kholoud Charaf eine facettenreiche Mischung aus Gedichten, Aphorismen und Prosastücken. Diese Sammlung bringt die innere Welt einer Frau zum Ausdruck, die sowohl das Schöne als auch das Schmerzhafte in ihrem Leben festhält. Die Themen Flucht, Krieg und der Verlust von Heimat durchziehen das Buch, doch sie werden immer durchdrungen von einem tiefen Bezug zur Natur und der Menschlichkeit.

Charaf, eine Dichterin, Kunstkritikerin und Aktivistin, wurde 1981 im Süden Syriens geboren und musste aufgrund des Bürgerkriegs ihr Heimatland verlassen. Heute lebt sie in Wien als Writers-in-Exile-Stipendiatin. In ihrer Lyrik vereint sie persönliche Erfahrungen mit den Stimmen anderer Menschen, insbesondere der Frauen und Kinder, die unter den schweren Bedingungen in Syrien leben mussten. Charaf hat sich durch die Jahre den Widrigkeiten der Zensur widersetzt und stets ihren Kampf für Menschenrechte fortgesetzt.

Die Themen: Schmerz und Hoffnung im Dialog

Ein zentrales Thema in Charafs Gedichten und Prosastücken ist der Verlust der Heimat, das Gefühl des Fremdseins und die Verarbeitung von Traumata. Ihr Werk ist stark autobiografisch geprägt, aber sie spricht auch für diejenigen, die stumm bleiben mussten. In einem Interview betonte Charaf, dass für sie jedes Wort eine Verbindung zu Gerüchen, Orten und Erinnerungen darstellt. Diese Worte werden in ihrer Poesie lebendig und bilden einen Ort des Rückzugs und der Heilung.

Das Buch ist zweisprachig auf Arabisch und Deutsch abgedruckt, was der Tiefe der Poesie noch mehr Raum gibt. Besonders die Aphorismen in der Sammlung sind bemerkenswert, da sie in wenigen Worten philosophische Einsichten und tiefe Emotionen bündeln.

Sprachliche Gestaltung: Vielschichtige und poetische Ausdrucksweise

Der Schreibstil von Charaf ist äußerst einfühlsam und dennoch präzise. Ihre Gedichte scheinen zu schweben, doch sie tragen das Gewicht schwerer Erfahrungen. Charaf nutzt einfache, aber kraftvolle Metaphern, um den Schmerz von Verlust und den Wunsch nach einem besseren Leben darzustellen. Die zweisprachige Veröffentlichung bietet zudem einen interessanten Zugang zur arabischen Literatur für deutschsprachige Leserinnen und Leser.

Besonders hervorzuheben ist die exzellente Übersetzungsarbeit von Kerstin Wilsch, die es schafft, die Vielschichtigkeit von Charafs Lyrik ins Deutsche zu übertragen, ohne die Poesie oder die Tiefe des Originals zu verlieren.

Eindrucksvolle Botschaften in Gedichten

Die Gedichte in „Mit all meinen Gesichtern“ sind nicht nur poetische Ausdrucksformen, sondern auch Zeugnisse der Resilienz. Viele ihrer Werke drehen sich um das Thema Krieg und Flucht, ohne jedoch in Verzweiflung zu verfallen. Charaf sieht sich selbst als Teil der Natur – diese Verbundenheit wird in ihren Gedichten immer wieder aufgegriffen, etwa wenn sie Worte mit Pflanzen vergleicht, die durch das Schreiben wachsen.

Eines der eindrucksvollsten Gedichte reflektiert den Zustand des Exils. Die Bildsprache in diesen Versen ist kraftvoll und emotional aufgeladen, was dem Leser eine tiefe Einsicht in die Seelenlage der Autorin gibt.

Die Bedeutung des Buches im Kontext des Exils

Charaf hat nicht nur ihre Heimat verloren, sondern auch viele ihrer Freunde und Familienmitglieder. Dennoch gelingt es ihr, ihre Erfahrungen zu verarbeiten und in Kunst zu verwandeln. Ihr Buch ist eine Anklage gegen das Unrecht des Krieges, aber gleichzeitig auch eine Liebeserklärung an das Leben. Diese Dualität spiegelt sich auch in den Gedichten wider: Hoffnung und Schmerz existieren nebeneinander und verweben sich zu einem dichten poetischen Netz.

Das Buch ist nicht nur für Literaturinteressierte, sondern auch für alle, die sich mit den Themen Flucht, Identität und menschlicher Widerstandskraft auseinandersetzen wollen, eine lohnende Lektüre.

Fazit: Eine bewegende Leseerfahrung

„Mit all meinen Gesichtern“ ist ein eindrucksvolles Werk, das die tiefen Wunden des Krieges und der Flucht aufzeigt, aber auch die heilende Kraft der Poesie. Die zweisprachige Ausgabe ermöglicht es, in die Welt von Kholoud Charaf einzutauchen und gleichzeitig die Schönheit und den Schmerz ihrer Worte zu spüren. Das Buch erinnert uns daran, dass Literatur nicht nur eine Flucht aus der Realität ist, sondern auch ein Werkzeug, um diese zu verändern.

Charafs Stimme ist eine, die gehört werden muss – nicht nur für ihre Kunst, sondern auch für die wichtigen Themen, die sie anspricht.

Mediennerd
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Medienproduzent/Blogger, Katzenliebhaber und 1. FC Köln Fan im hohen Norden. Mit meiner Berufs- und Lebenserfahrung teste und vermarkte ich seit 2009 Produkte aller Art. Sie erhalten immer ein ehrliches Feedback.
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