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Ein Tag im Leben von Abed Salama

Ein Tag im Leben von Abed Salama: Die Geschichte einer Jerusalemer Tragödie | Ausgezeichnet mit dem Pulitzer-Preis 2024 in der Kategorie »General Nonfiction« ist ein Buch aus dem Pendragon Verlag und erschien am 7. August 2024. 

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Ein Tag im Leben von Abed Salama

Vor den Toren Jerusalems kommt es zu einer Tragödie, als ein mit palästinensischen Kindern besetzter Schulbus von einem Sattelschlepper gerammt wird und in Flammen aufgeht. Ungeklärte ­Zuständigkeiten und lähmende Bürokratie im Grenzgebiet verhindern ein schnelles Eingreifen der Rettungskräfte. Am Unfallort treffen israelische und palästinensische Menschen aufeinander, die ­gemeinsam versuchen den Kindern zu helfen. Ausgehend von ­diesem Ereignis werden einfühlsam ihre unterschiedlichen Lebens­geschichten erzählt. In seinem auf Tatsachen basierenden Buch gibt Nathan Thrall der Geschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts ein zutiefst menschliches Gesicht. Selten ­wurden die Auswirkungen israelischer Siedlungspolitik für das ­täg­­liche Leben im Westjordanland so schonungslos und bewegend beschrieben.

Als ich das Buch „Ein Tag im Leben von Abed Salama“ von Nathan Thrall zur Hand nahm, war ich sofort von der Idee fasziniert, einen einzigen Tag in den Mittelpunkt einer Geschichte zu stellen, die so vielschichtig und bedeutungsvoll ist. Das Buch erzählt die tragische Geschichte eines Verkehrsunfalls vor den Toren Jerusalems, bei dem ein Schulbus mit palästinensischen Kindern von einem Lastwagen gerammt wird und in Flammen aufgeht. Diese dramatische Ausgangssituation bildet das Fundament für eine tiefgehende Auseinandersetzung mit den Lebensrealitäten in einer von Konflikten geprägten Region. Nathan Thrall, der in Kalifornien geboren wurde und seit vielen Jahren in Jerusalem lebt, hat sich als analytischer und einfühlsamer Autor einen Namen gemacht. Er war unter anderem Vorsitzender des Arab-Israeli Projects bei der International Crisis Group und seine Texte wurden in renommierten Medien wie dem New York Times Magazine und The Guardian veröffentlicht. Dieses Buch zeigt, warum Thrall eine solche internationale Anerkennung genießt – es wurde 2024 mit dem Pulitzer-Preis in der Kategorie „General Nonfiction“ ausgezeichnet.

Was mich an Thralls Erzählweise besonders beeindruckt hat, ist die Art und Weise, wie er es schafft, die individuelle Tragödie von Abed Salama – dessen fünfjähriger Sohn bei dem Unfall ums Leben kommt – in den breiteren Kontext der israelisch-palästinensischen Beziehungen zu stellen. Thrall nutzt die Geschichte dieses einen Tages, um die Auswirkungen der jahrzehntelangen Besetzung und der israelischen Siedlungspolitik auf den Alltag im Westjordanland zu beleuchten. Dabei gelingt es ihm, eine Verbindung zwischen dem individuellen Leid und den größeren politischen und sozialen Dynamiken der Region herzustellen. Das Buch liest sich trotz seiner komplexen Thematik erstaunlich flüssig, was sicher auch der hervorragenden Übersetzung von Lucien Deprijck zu verdanken ist. Die Darstellung der verschiedenen Charaktere, die an diesem Tag in das Geschehen involviert sind – darunter Abeds verzweifelte Suche nach seinem Sohn, die Bemühungen israelischer und palästinensischer Rettungskräfte sowie die bürokratischen Hürden, die eine schnellere Hilfe behindern – wirkt so lebendig und real, dass ich mich förmlich in die Geschehnisse hineingezogen fühlte.

Eine der Stärken des Buches ist die Balance zwischen dokumentarischer Präzision und erzählerischer Tiefe. Thrall schafft es, die Komplexität des Konflikts auf eine Weise darzustellen, die nicht nur informativ ist, sondern auch emotional berührt. Ich konnte die Verzweiflung und den Schmerz der betroffenen Familien förmlich spüren, was mir einmal mehr die Dringlichkeit und Tragweite dieses Themas vor Augen führte. Thrall macht deutlich, dass es hier nicht nur um politische Abstraktionen geht, sondern um echte Menschenleben, die durch die unaufhörliche Gewalt und Ungerechtigkeit gezeichnet sind. Besonders eindrucksvoll fand ich die Art und Weise, wie Thrall die bürokratischen Hürden beschreibt, die Abed Salama daran hindern, schnell zu seinem Sohn zu gelangen. Diese Schilderungen sind ein kraftvolles Beispiel dafür, wie tief die Spaltung in der Region geht und wie allgegenwärtig die Auswirkungen der Besatzung auf das tägliche Leben sind. Die langsame Reaktion der Rettungskräfte und die bürokratischen Verzögerungen führen dazu, dass das Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit noch verstärkt wird.

Für mich war „Ein Tag im Leben von Abed Salama“ nicht nur eine tief bewegende Lektüre, sondern auch ein Augenöffner. Es hat meinen Blick auf den Nahost-Konflikt nachhaltig verändert und mich dazu gebracht, über die persönlichen Schicksale nachzudenken, die hinter den Nachrichten und politischen Diskussionen stehen. Dieses Buch empfehle ich jedem, der sich für die menschlichen Dimensionen eines der komplexesten und langwierigsten Konflikte unserer Zeit interessiert. Zusammengefasst ist Nathan Thralls Werk ein meisterhaftes Beispiel dafür, wie man durch die Fokussierung auf einen einzigen Tag und eine einzige Familie das ganze Ausmaß eines jahrzehntelangen Konflikts beleuchten kann. Es ist eine eindringliche Erinnerung daran, dass hinter den Schlagzeilen immer menschliche Schicksale stehen – Schicksale, die uns alle etwas angehen sollten​​​.

Ein Tag im Leben von Abed Salama

8.5

Aufmachung

8.5/10

Umfang

8.5/10

Schreibstil

8.5/10

Thema

8.6/10

Aufbau

8.5/10

Lesbarkeit

8.6/10

Illustrationen Cover

8.5/10

Umsetzung

8.5/10

Hat mir besonders gefallen

  • Das Buch verbindet die individuelle Tragödie von Abed Salama mit den größeren politischen und sozialen Dynamiken des Nahostkonflikts und beleuchtet so die Auswirkungen der Besatzung auf das tägliche Leben im Westjordanland.
  • Die lebendige Darstellung der Charaktere und ihrer Geschichten zieht den Leser emotional in die Ereignisse hinein und macht das Buch zu einer fesselnden Lektüre.
  • Die Übersetzung von Lucien Deprijck trägt dazu bei, dass das Buch trotz der komplexen Thematik flüssig und angenehm zu lesen ist.
  • Thrall schafft es, dokumentarische Präzision und erzählerische Tiefe zu vereinen, was sowohl informativ als auch emotional berührend ist.
  • Das Buch bietet eine neue Sichtweise auf den Nahost-Konflikt, indem es die menschlichen Schicksale hinter den politischen Diskussionen beleuchtet und so zum Nachdenken anregt.
Mediennerd
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Medienproduzent/Blogger, Katzenliebhaber und 1. FC Köln Fan im hohen Norden. Mit meiner Berufs- und Lebenserfahrung teste und vermarkte ich seit 2009 Produkte aller Art. Sie erhalten immer ein ehrliches Feedback.
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