»Denken ist heute überhaupt nicht mehr Mode«: Tagebuch 1940–1945 aus dem Reclam, Philipp, jun. GmbH, Verlag erschien am 17. November 2023.
Denken ist heute überhaupt nicht mehr Mode
Im Mai 1940 beginnt Anna Haag, 51 Jahre alt und Journalistin, ein schonungslos offenes und regimekritisches Tagebuch zu führen, das sie über Jahre im Kohlenkeller versteckt. In pointierten Skizzen hält sie fest, was ganz gewöhnliche Deutsche schon während des Zweiten Weltkriegs über die Judenvernichtung und die Verbrechen des NS-Regimes wussten. Die Aufzeichnungen der späteren Politikerin erschienen 2021 erstmals vollständig in der von Anna Haag selbst vorbereiteten Zusammenstellung und liegen nun als preisgünstige Taschenbuchausgabe vor.
„»Denken ist heute überhaupt nicht mehr Mode«: Tagebuch 1940–1945“ von Anna Haag ist ein bewegendes und mutiges Zeugnis aus einer dunklen Ära der deutschen Geschichte. Als 51-jährige Journalistin beginnt Haag im Mai 1940 ein Tagebuch, das sie über die Jahre im Kohlenkeller vor den Augen des NS-Regimes versteckt. Die nun in einer preisgünstigen Taschenbuchausgabe vorliegenden Aufzeichnungen geben Einblicke in den Alltag und die Gedankenwelt von gewöhnlichen Deutschen während des Zweiten Weltkriegs. Die Autorin, später Politikerin, dokumentiert schonungslos und regimekritisch, was viele Deutsche über die Judenvernichtung und die Verbrechen des NS-Regimes wussten. Dabei widerlegt das Buch eindrucksvoll die oft gehörte Aussage, man habe „nichts gemerkt“. Es bietet Einblicke in die Denkweise der Überzeugten, Mitläufer und Gegner des Regimes. Besonders beeindruckend ist, wie Haag Zivilcourage feiert und den Mut derjenigen hervorhebt, die sich gegen das System stellten.
Das Werk sollte nicht nur von Geschichtsinteressierten gelesen werden, sondern auch von jenen, die sich gegenwärtig politisch orientieren. Die Relevanz des Buches erstreckt sich über die Vergangenheit hinaus und mahnt gegen jegliche Art von Diktatur, religiösem und ideologischem Extremismus sowie blindem Mitläufertum. Allerdings gibt es auch Kritikpunkte, insbesondere hinsichtlich der modernisierten Rechtschreibung und Zeichensetzung in einer historischen Dokumentation. Dies wird als Abzug in der Authentizität und Glaubwürdigkeit empfunden und sollte bei einer möglichen Neuauflage berücksichtigt werden.
Das Buch hebt die schleichenden Gefahren des Faschismus nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch in der heutigen Zeit hervor. Die täglichen Erlebnisse von Anna Haag erschüttern und erinnern daran, dass man die aufkommenden Gefahren von Faschismus in einem möglicherweise moderneren Gewand nicht ignorieren sollte.
Denken ist heute überhaupt nicht mehr Mode
Hat mir besonders gefallen
- Das Tagebuch bietet einen ungeschönten Einblick in das Denken und Handeln der Deutschen während des Zweiten Weltkriegs.
- Haag feiert beeindruckend den Mut und die Zivilcourage derjenigen, die sich gegen das NS-Regime stellten.
- Das Buch mahnt nicht nur gegen vergangene Diktaturen an, sondern zieht Parallelen zu aktuellen politischen Entwicklungen und extremistischen Tendenzen.
- Das Werk appelliert eindringlich gegen Diktatur, religiösen Extremismus und blindes Mitläufertum – eine zeitlose Mahnung.
War nicht ganz so toll
- Die Entscheidung zur Modernisierung von Rechtschreibung und Zeichensetzung in einer historischen Dokumentation wird als Abzug in der Authentizität und Glaubwürdigkeit empfunden.