StartBücher & ComicsBelletristikGefährliches Ego: Wenn Narzissmus tödlich endet

Gefährliches Ego: Wenn Narzissmus tödlich endet

Gefährliches Ego (Goldmann Verlag)

September 2025

Der bekannte Ex-Verbrecher über narzisstische Mörder, Sexualstraftäter und Hochstapler.
Autor: Maximilian Pollux
Genre: True Crime
92%
Umfang
91%
Schreibstil
94%
Thema
89%
Lesbarkeit
87%
Buchcover
65%
Illustrationen
„Gefährliches Ego“ ist ein Buch, das einen nicht kalt lässt.


90%

Ein Einstieg mit Gewicht

„Gefährliches Ego“ schlägt nicht nur ein Fenster auf in Abgründe menschlicher Psyche, sondern tritt durch die Tür mit voller Wucht. Maximilian Pollux, der selbst eine Lebensgeschichte mit Extremen durchlaufen hat, nutzt sein erstes populäres Sachbuch, um jene Schattenseiten zu beleuchten, die oft im Dunkeln bleiben: narzisstische Täter, deren Ego nicht nur verletzt, sondern zerstört. Wer glaubt, Narzissmus sei bloß ein Modewort der Poppsychologie oder ein Charakterfehler, wird hier eines Besseren belehrt. Pollux zeigt, wie eng Narzissmus und Verbrechen, Manipulation und Gefahr verwoben sein können.

Schon beim ersten Durchblättern merkt man: Dieses Buch ist kein akademisches Lehrstück, sondern ein persönlicher Ankerplatz zwischen Erlebnis und Recherche. Pollux’ eigene Geschichte – ehemals Intensivtäter, heute Anti-Gewalt-Coach – gibt dem Ganzen eine Authentizität, die schwer zu ignorieren ist. Man fühlt, dass er nicht bloß liest, sondern sieht, erlebt, reflektiert. Zwei Dinge vereinen sich hier: die Faszination am Bösen – oder vielmehr am gefährlichen Denken – und der Wunsch, aufzuklären, zu warnen, zu reflektieren.

Was Pollux liefert

Das Buch umfasst rund 320 Seiten und führt den Leser durch zwölf Fallbeispiele, in denen narzisstische Persönlichkeiten nicht nur in seelischer oder sozialer Hinsicht auffällig werden, sondern zu Taten fähig sind, die tödlich enden – und zwar in unterschiedlichster Form: Mord, Hochstapelei, Sexualverbrechen. Pollux legt dar, was man unter „bösartigem Narzissmus“ versteht, welche Merkmale gefährlich sind und wie Täter denken und handeln. Er thematisiert auch, wie Beziehungspartner, Familienmitglieder, Freunde durch Manipulation, Gaslighting oder ständige Abwertung in seelische Schieflagen geraten.

Besonders eindrucksvoll ist, wie Pollux die Taten nicht einfach erzählt, sondern sie in psychologische, soziale und strukturelle Kontexte setzt. Es ist nicht nur die Persönlichkeit des Täters, sondern auch sein Umfeld, seine Geschichte, seine Biografie, die das Bild vervollständigen. Woher kommt dieses Bedürfnis nach Bewunderung, nach Kontrolle? Welche Wege führten zu Isolation, Narzissmus in Extremen, und wie reagiert das Umfeld – teils bewusst, teils unbewusst?

Stärken

Eine der größten Stärken ist die Verbindung aus Nähe und Distanz. Pollux kennt die Schattenseiten, er kennt Gewalt aus eigenem Leben, und doch gelingt ihm, dass man als Leser nicht überwältigt wird, sondern geführt: durch Erzählungen, durch Reflexionen, durch wahre Kriminalfälle, die sorgfältig erzählt sind. Nie spürt man Voyeurismus, obwohl der Inhalt verstörend ist, sondern eine Art Verantwortung – für die Opfer, die Gesellschaft, aber auch für uns als Leser, uns zu fragen: Wie erkenne ich Warnzeichen? Wie sehen Grenzen des Erträglichen aus?

Auch sein Stil fällt positiv auf: klar, eindringlich, ohne überflüssige Verschönerungen. Er erläutert Begriffe wie Narzissmus, psychopathische Züge, toxisches Verhalten, ohne in Fachchinesisch zu versinken. Er reduziert nicht, aber er erklärt. Er nutzt Beispiele, Vergleiche, Szenen, in denen man fast den Puls fühlt, wie sich Manipulation aufbaut, wie Menschen sich verfangen. Das macht es leichter, sich nicht nur die Fälle zu merken, sondern ihre Lektionen.

Schwächen und kritische Gedanken

Trotz alledem gibt es Momente, in denen das Buch an Grenzen stößt. Manche Fallgeschichten sind ähnlich in der Dynamik: Isolation, Bedürfnis nach Kontrolle, Manipulation, Eskalation. Manchmal hätte ich mir mehr Abwechslung in den Ursachen gewünscht, also mehr über kulturelle, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die Narzissmus verstärken oder begünstigen. Einige Kapitel könnten intensiver recherchiert sein, gerade dort, wo Täterbiografien Lücken aufweisen: Pollux muss sich auf das stützen, was zugänglich ist, und manchmal merkt man, dass der Zugang zu Originalquellen, Interviews oder Gerichtsdokumenten nicht so tief war, wie man es sich für einen True Crime-Band in dieser Kategorie wünschen würde.

Manchmal blinkt Sensationsgefahr am Rande durch – nicht weil Pollux sie sucht, sondern weil True Crime immer nahe dran ist. In solchen Momenten muss der Leser selbst reflektieren, wie viel Offenlegung notwendig ist, wie viel dramaturgisch angehoben ist, und wie viel Verantwortung der Autor trägt, besonders gegenüber den Opfern und Angehörigen.

Warum dieses Buch wichtig ist

In einer Zeit, in der Narzissmus nicht nur in Psychologie-Blogs diskutiert wird, sondern als politisches Schlagwort, ist „Gefährliches Ego“ wichtig, weil es zeigt: Nicht jeder Narzissmus ist gleich, und in manchen Fällen wird aus Selbstsucht, Machtbedürfnis und Reflexionslosigkeit ein aggressives, destruktives Überraschungspaket. Das Buch sensibilisiert, warnt, gibt Impulse, wie man Warnsignale sehen kann. Es richtet sich nicht nur an True Crime Fans, sondern an alle, die mehr über Menschen, Macht, Verletzlichkeit und Machtmissbrauch wissen wollen.

Fazit – Ein Spiegel zum Hinschauen

„Gefährliches Ego“ ist ein Buch, das einen nicht kalt lässt. Man beendet ein Kapitel nicht einfach, sondern fühlt noch etwas: eine Mischung aus Beklommenheit, Nachdenken und dem starken Wunsch, mehr zu verstehen. Pollux gelingt es, das Böse nicht als abstraktes Monster darzustellen, sondern als etwas, das mitten unter uns wächst – weil Menschen zu spät hinschauen, weil Beziehungen toxisch werden, weil soziale Grenzen verschwimmen.

Es ist kein perfektes Buch – aber eines, das Mut hat, tief zu tauchen, wahr zu sein und nicht zu fliehen. Wer diesen Band liest, sollte bereit sein, gleichzeitig informiert und erschüttert zu werden.

Mediennerd
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Medienproduzent/Blogger, Katzenliebhaber und 1. FC Köln Fan im hohen Norden. Mit meiner Berufs- und Lebenserfahrung teste und vermarkte ich seit 2009 Produkte aller Art. Sie erhalten immer ein ehrliches Feedback.
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