Mit kaltem Kalkül

Mit kaltem Kalkül (Knaur Verlag)

September 2024

Sabine Yao löst ihren zweiten Fall – Gänsehaut-True-Crime mit der sympathischen Rechtsmedizinerin.
Autor: Prof. Dr. Michael Tsokos
Genre: Krimi
88%
Umfang
92%
Schreibstil
95%
Thema
90%
Lesbarkeit
80%
Buchcover
70%
Illustrationen
Mit kaltem Kalkül hat mich von Anfang an gefesselt und ist ein absolutes Highlight für Fans von True-Crime und forensischen Thrillern.


89%

 

Mit kaltem Kalkül von Michael Tsokos

Als ich „Mit kaltem Kalkül“, den zweiten Band der Sabine Yao-Reihe von Michael Tsokos, in die Hand nahm, war ich sofort von der Spannung gefangen, die sich von der ersten Seite an aufbaute. Tsokos, selbst ein renommierter Rechtsmediziner, gelingt es meisterhaft, die düstere Welt der Forensik mit realen Kriminalfällen zu verweben. Er lässt uns tief in die Ermittlungen eintauchen und konfrontiert uns mit erschreckenden, aber faszinierenden Details aus seiner jahrelangen Erfahrung.

Der Einstieg: Mysteriöse Todesfälle und verschwundene Kinder

Der Thriller beginnt gleich mit einem Paukenschlag: Zwei Leichen, in schwarze Samtkleider gehüllt, grotesk entstellt und auf bizarre Weise im Wald drapiert, geben der Polizei Rätsel auf. Diese Bilder haben sich bei mir tief eingeprägt. Besonders beeindruckend ist die Detailverliebtheit, mit der Tsokos die Arbeit von Dr. Sabine Yao schildert, die als Rechtsmedizinerin der Sondereinheit „Extremdelikte“ arbeitet. Ein weiteres Verbrechen, das die Geschichte durchzieht, ist die Suche nach einem vermissten Kind, Yasser, dessen Schicksal den emotionalen Kern der Handlung bildet.

Was mich besonders fesselte, war, wie Tsokos die forensischen Details in die Geschichte integriert. Man fühlt sich regelrecht in die Arbeit der Gerichtsmedizin hineingezogen, als stünde man selbst neben dem Seziertisch. Es gibt Momente, in denen man das Gefühl hat, den Verwesungsgeruch der Leichen zu spüren, so realistisch und plastisch sind die Beschreibungen. Für Leser, die sich für True-Crime-Geschichten interessieren und keine Scheu vor expliziten Schilderungen haben, ist das ein absoluter Pluspunkt.

Die Charaktere: Eine emotionale Achterbahnfahrt

Sabine Yao ist eine faszinierende Hauptfigur, die allerdings – wie auch schon im ersten Band Mit kalter Präzision – etwas distanziert und kühl wirkt. Ihre Professionalität steht stets im Vordergrund, doch gerade diese Distanz verleiht ihr eine gewisse Tiefe, die gut zur düsteren Atmosphäre des Buches passt. Was ich besonders schätzte, war die Weiterentwicklung ihrer Familiengeschichte, vor allem die Beziehung zu ihrer Schwester Mailin, die nach dem Tod ihres Mannes mit psychischen Problemen kämpft. Diese private Nebenhandlung gibt der oft harten und technischen Story eine emotionale Tiefe.

Die Dynamik zwischen den Ermittlern, insbesondere zwischen Sabine und der Kriminalkommissarin Monica Monti, fand ich sehr interessant. Monti agiert oft instinktiv und geht unorthodoxe Wege, was für einige Spannungen sorgt. Es sind diese zwischenmenschlichen Aspekte, die neben der forensischen Arbeit eine weitere Ebene der Spannung aufbauen.

Schreibstil: Realistisch, spannend und präzise

Der Schreibstil von Tsokos ist genau das, was man von einem Rechtsmedizin-Thriller erwartet: präzise, sachlich und doch packend. Besonders die kurzen Kapitel und häufigen Perspektivwechsel tragen zur Dynamik des Buches bei. Man wird regelrecht durch die Seiten getrieben, da jedes Kapitel oft mit einem Cliffhanger endet, und man unbedingt wissen möchte, wie es weitergeht.

Allerdings fällt auf, dass die Motive der Täter nicht immer tiefgehend erklärt werden. Die Täter bleiben stellenweise etwas blass, was zwar der Spannung keinen Abbruch tut, aber eine tiefere psychologische Auseinandersetzung mit den Antagonisten wäre wünschenswert gewesen.

Fazit: Ein Muss für True-Crime-Fans

Mit kaltem Kalkül hat mich von Anfang an gefesselt und ist ein absolutes Highlight für Fans von True-Crime und forensischen Thrillern. Tsokos‘ realistische Schilderungen und seine Fähigkeit, authentische Kriminalfälle in eine packende Erzählung zu gießen, machen das Buch zu einem fesselnden Leseerlebnis. Die nüchterne Art, mit der er die grausame Realität der Verbrechen beschreibt, sorgt für Gänsehaut, ohne in Sensationslust zu verfallen.

Wenn man jedoch nach psychologisch tiefgehenden Charakterstudien sucht, könnte man in einigen Punkten enttäuscht werden. Dennoch bleibt die Kombination aus forensischen Fakten, spannungsgeladener Ermittlung und der düsteren Atmosphäre ein großer Pluspunkt. Ich kann dieses Buch jedem empfehlen, der sich für die faszinierende, aber auch erschreckende Welt der Rechtsmedizin interessiert.

Mediennerd
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