Die Haut ist ein Buch aus dem Rowohlt Verlag und erschien am 13. August 2024.

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Die Haut
Neapel 1943: Den Krieg gegen die Alliierten haben die Italiener verloren; nun kämpfen sie mit ihnen gegen die Deutschen. Der Protagonist namens Malaparte, Verbindungsoffizier bei den Besatzern, begibt sich auf eine Odyssee durch ein zerstörtes Land, dessen Bewohner in Elend und Chaos leben. Zwischen den Trümmern, unter denen Tote begraben liegen, verkaufen Frauen wie Männer ihre Körper an die GIs und die spendablen GIs an ihre Landsleute. Im Kampf ums nackte Überleben nimmt auch die Menschenwürde Schaden; der Erzähler stemmt sich mit allen Mitteln des Denkens und der Sprache dagegen, zynisch, anklagend, philosophisch, poetisch, zutiefst menschlich. Dann bricht in der mythischen Landschaft Kampaniens der Vesuv aus …
Als ich „Die Haut“ von Curzio Malaparte in die Hand nahm, war ich vorbereitet auf ein Werk, das die Grausamkeiten des Krieges in all ihrer Brutalität zeigt. Doch was ich letztlich las, übertraf meine Erwartungen in jeder Hinsicht. Dieser Roman, der ursprünglich 1949 erschien und vom Vatikan auf den Index gesetzt wurde, ist nicht einfach nur eine Kriegsgeschichte. Es ist eine tiefgründige, schonungslose Auseinandersetzung mit der menschlichen Natur, eingebettet in die Ruinen des vom Krieg zerrütteten Neapel. Der Roman erzählt von den Jahren 1943 und 1944, als Italien den Krieg gegen die Alliierten verloren hatte und nun an der Seite der Sieger gegen die Deutschen kämpfte. Der Protagonist, ein gewisser „Malaparte“, ist ein Verbindungsoffizier bei den Besatzern. Er führt uns durch eine Stadt, die vor dem Zerfall steht, sowohl physisch als auch moralisch. Neapel, einst eine Stadt der Schönheit, ist zu einem Ort des Elends und der Zerstörung geworden, wo die menschliche Würde ebenso wie die Bauten in Trümmern liegt. Menschen verkaufen ihre Körper, um zu überleben, und das Leid hat alle Werte verzehrt.
Malaparte, dessen richtiger Name Kurt Erich Suckert war, hat eine Vergangenheit, die ihn sowohl als faszinierenden als auch kontroversen Autor auszeichnet. Er diente als Offizier in verschiedenen Armeen und war Zeuge unzähliger Grausamkeiten. Diese Erfahrungen spiegeln sich in seiner Literatur wider, die oft zwischen Zynismus und tiefer Menschlichkeit schwankt. In „Die Haut“ lässt er keinen Aspekt der Kriegsrealität aus und malt Bilder, die gleichzeitig verstörend und von einer merkwürdigen, dunklen Schönheit sind. Besonders eindringlich sind die Szenen, in denen Malaparte das moralische Verfallens der neapolitanischen Gesellschaft beschreibt. Die Alliierten kommen als Befreier, doch mit ihnen verbreitet sich ein neues Übel: Hunger, Armut und der totale Zusammenbruch jeglicher moralischer Werte. Der Roman ist von einem zynischen Ton durchzogen, der sich in den Dialogen und Reflexionen des Protagonisten zeigt. Malaparte stellt die Frage nach der Haut – jener dünnen Schicht, die den Menschen vom Tier unterscheidet – und was von dieser Haut übrig bleibt, wenn alle zivilisatorischen Normen fallen.
Das Buch lässt mich als Leser nicht los. Es ist schwer, die schockierenden Bilder und Geschichten aus dem Kopf zu bekommen, die Malaparte mit fast klinischer Präzision schildert. In einem Moment schockiert er mit der Darstellung einer grotesken Begebenheit, um im nächsten eine philosophische Betrachtung über das Wesen des Menschen anzustellen. Diese Mischung aus Realität und Reflexion, aus Schock und Poesie, macht „Die Haut“ zu einem unvergleichlichen literarischen Werk, das trotz seiner Entstehungszeit heute noch erschreckend aktuell wirkt. Die Neuübersetzung, die im Rowohlt Verlag erschienen ist, lässt den Text in einer Klarheit und Härte erstrahlen, die den Leser noch tiefer in das Chaos dieser Zeit hineinzieht. Übersetzer Frank Heibert ist es gelungen, den schneidenden Ton und die bittere Ironie Malapartes ins Deutsche zu übertragen, ohne dabei an Nuancen zu verlieren.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass „Die Haut“ kein Buch ist, das man einfach so liest und dann zur Seite legt. Es verlangt nach einer Auseinandersetzung mit den dunkelsten Aspekten der menschlichen Existenz. Für Leser, die sich trauen, sich diesen Abgründen zu stellen, ist es ein unvergessliches Erlebnis. Es ist ein Buch, das nicht nur die Schrecken des Krieges zeigt, sondern auch die Fragilität unserer Menschlichkeit. Malaparte zwingt uns, hinzusehen, wo wir normalerweise wegschauen würden, und genau darin liegt die Kraft dieses Romans.
Die Haut
Hat mir besonders gefallen
- „Die Haut“ bietet eine intensive Reflexion über die moralischen und ethischen Verfallensprozesse im Krieg, die den Leser nachhaltig zum Nachdenken anregen.
- Die Neuübersetzung von Frank Heibert erfasst den zynischen Ton und die dunkle Poesie Malapartes perfekt, wodurch das Buch seine Wirkung noch stärker entfaltet.
- Trotz seines historischen Kontexts bleibt das Buch in unserer friedensfernen Gegenwart erschreckend relevant, indem es die Abgründe des menschlichen Verhaltens unter extremen Bedingungen beleuchtet.
- Die bildgewaltige Sprache Malapartes vermittelt die Schrecken des Krieges auf eine eindringliche und unvergessliche Weise.
- Der Roman bietet nicht nur eine Erzählung, sondern auch tiefgründige Reflexionen über das Wesen des Menschen und die Fragilität der Zivilisation.

