Totale ist ein Roman aus dem Osburg Verlag und erschien am 31. Mai 2024.
Möchten Sie das digitale Leseerlebnis für sich entdecken? Dann empfehle ich Ihnen diesen eReader als ausgezeichnete Wahl: eReader tolino epos 3.
Totale
Kolberg 1944: Während in der wirklichen Welt alle Fronten brechen und die Niederlage der Deutschen unaufhaltsam näherrückt, verteidigen Tausende Wehrmachtsoldaten, als Statisten vom Fronteinsatz befreit, die Ostseestadt gegen eine französische Übermacht und spielen damit gegen jegliche Realität an. Die Preußen werden von einem früheren Sklavenhändler und einem verwundeten Offizier angeführt, hoch über der Szene schwebt im Fesselballon Veit Harlan. Er ist der Regisseur einer beispiellosen Materialschlacht, das Drehbuch hat Propagandaminister Goebbels zur Chefsache erklärt. In den Straßen von Kolberg, wo große Teile der Außenaufnahmen des Films gedreht werden, liegt tonnenweise Salz anstelle von Schnee für die Winterszenen. Als der teuerste Film der Ufa schließlich am 30. Januar 1945 uraufgeführt wird, sind die meisten Kinos in der Reichshauptstadt schon ausgebombt – und in der Ostsee wird in derselben Nacht die »Wilhelm Gustloff« versenkt. Im Berliner Premieren-Publikum sitzt Kay, der als Requisiteur für die Waffen der Kolberger Krieger verantwortlich war, nachdem ihn selbst eine schwere Verwundung vom weiteren Einsatz an der Front befreit hatte. Nun sieht er den Leinwand-Helden beim Sterben zu und erinnert sich an Gerda, in die er sich während der Dreharbeiten verliebt hat und die wieder in die Filmfabrik nach Wolfen zurückgekehrt ist. Ein großer Roman über die Ohnmacht der Kunst im Angesicht des Krieges, über Verführung, über die Macht der falschen Bilder und der echten Gefühle.
„Totale“ von Andreas Hillger, erschienen im Osburg Verlag, hat mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen. Der historische Roman, der zur Zeit des Zweiten Weltkriegs spielt, nimmt den Leser mit auf eine eindrucksvolle Reise durch die letzten Tage des Dritten Reichs, verknüpft mit der Entstehung eines der größten Propagandafilme jener Zeit, „Kolberg“. Hillger schafft es, eine beklemmende und gleichzeitig faszinierende Atmosphäre zu kreieren, die die Absurdität und den Wahnsinn dieser Epoche spürbar macht. Die Handlung ist tief in den historischen Kontext eingebettet. Während die realen Fronten in Europa unaufhaltsam brechen, wird in der fiktiven Welt von „Kolberg“ ein heroischer Kampf inszeniert. Andreas Hillger beschreibt diese Szenerie mit einer Präzision, die sowohl die brutale Realität des Krieges als auch die groteske Inszenierung der Propaganda eindrucksvoll vermittelt. Besonders beeindruckend fand ich die Darstellung der Stadt Kolberg, in der tonnenweise Salz als Schneeersatz verwendet wurde, um winterliche Szenen nachzustellen – ein skurriles Bild, das mir lange im Gedächtnis bleiben wird.
Hillger nutzt reale historische Figuren wie Veit Harlan, den Regisseur des Films, und Joseph Goebbels, den Propagandaminister, und verwebt ihre Geschichten geschickt mit denen fiktiver Charaktere. Der Protagonist Kay, ein verwundeter Soldat, der als Requisiteur am Set arbeitet, bietet eine menschliche Perspektive auf die surrealen Ereignisse. Seine Erinnerungen an die Dreharbeiten und seine Liebe zu Gerda, einer weiteren fiktiven Figur, verleihen der Erzählung eine emotionale Tiefe, die den Leser unmittelbar anspricht. Andreas Hillger, geboren 1967, ist ein vielseitiger Autor und Dramaturg. Er hat unter anderem als Regieassistent, Transportarbeiter, Buchhändler und Journalist gearbeitet, bevor er sich vollständig der Schriftstellerei widmete. Neben „Totale“ hat er mehrere Romane und Theaterstücke verfasst, darunter „gläserne zeit“, „Ortolan“ und „Ei_Land“. Seine Werke sind bekannt für ihre historische Genauigkeit und die kunstvolle Verknüpfung von Fiktion und Realität. Hillgers Interesse an historischen Themen und seine Fähigkeit, komplexe historische Begebenheiten lebendig und spannend darzustellen, machen seine Bücher zu einem besonderen Leseerlebnis.
Die Stärke von „Totale“ liegt nicht nur in der historischen Authentizität, sondern auch in der erzählerischen Kraft Hillgers. Er schafft es, die Leser tief in die Zeit des Zweiten Weltkriegs zu versetzen und gleichzeitig universelle Themen wie die Ohnmacht der Kunst gegenüber der Realität des Krieges, die Verführung durch falsche Bilder und die Macht echter Gefühle zu behandeln. Besonders eindrucksvoll ist die Schilderung der Premierenfeier des Films „Kolberg“ am 30. Januar 1945 in Berlin, während gleichzeitig die „Wilhelm Gustloff“ in der Ostsee versenkt wird – ein symbolträchtiges Bild für die Widersprüchlichkeit jener Tage. Was mir besonders gut gefallen hat, ist Hillgers sprachliche Virtuosität. Seine Beschreibungen sind detailreich und atmosphärisch dicht, seine Dialoge wirken authentisch und die Figuren sind vielschichtig und glaubwürdig gezeichnet. Hillger gelingt es, Spannung aufzubauen und diese bis zum Ende aufrechtzuerhalten. Auch die historischen Exkurse, die geschickt in die Handlung eingeflochten sind, bereichern das Leseerlebnis und bieten interessante Einblicke in die Zeitgeschichte.
Zusammenfassend ist „Totale“ ein fesselnder und tiefgründiger Roman, der nicht nur historisch interessierte Leser anspricht, sondern auch alle, die sich für die menschlichen Schicksale hinter den großen Ereignissen der Geschichte interessieren. Andreas Hillger hat mit diesem Buch ein Werk geschaffen, das lange nachhallt und zum Nachdenken anregt. Wer sich auf diese intensive und emotionale Leseerfahrung einlässt, wird reich belohnt.
Totale
Hat mir besonders gefallen
- "Totale" bietet eine detaillierte und authentische Darstellung der letzten Tage des Zweiten Weltkriegs und der Entstehung des Propagandafilms "Kolberg", was die historische Atmosphäre lebendig und greifbar macht.
- Andreas Hillger gelingt es, die Spannung durchgehend aufrechtzuerhalten und die Leser in die Handlung zu ziehen, wodurch das Buch zu einem echten Pageturner wird.
- Die Figuren, sowohl historische als auch fiktive, sind komplex und glaubwürdig gezeichnet, was die emotionale Tiefe der Geschichte verstärkt.
- Hillgers Beschreibungen sind atmosphärisch dicht und detailreich, und die Dialoge wirken authentisch, was das Leseerlebnis bereichert.
- Die geschickte Mischung aus realen historischen Begebenheiten und fiktiven Elementen macht die Handlung sowohl lehrreich als auch unterhaltsam.