StartBücher & ComicsFreizeit & HobbyZwischen allen Stühlen: Eine Frau in der Geschichtswissenschaft blickt zurück

Zwischen allen Stühlen: Eine Frau in der Geschichtswissenschaft blickt zurück

Zwischen allen Stühlen (Vergangenheitsverlag)

Dezember 2024

Dieses kleine Buch ist eine sehr persönliche und sehr unterhaltsame Erzählung – fast eine Liebeserklärung an das Leben, von einer (im Jahr 2000) habilitierten Historikerin, Jahrgang 1954, die institutionell im deutschen Wissenschaftssystem…
Autor: Cornelia Essner
60%
Umfang
88%
Schreibstil
84%
Thema
92%
Lesbarkeit
70%
Buchcover
60%
Illustrationen
„Zwischen allen Stühlen“ ist ein Buch, das mehr bietet, als die bloße Biografie einer Historikerin.


76%

Zwischen allen Stühlen

In „Zwischen allen Stühlen: Eine Frau in der Geschichtswissenschaft blickt zurück“ beschreibt Cornelia Essner ihr bewegtes Leben als Historikerin und Mutter. Sie erzählt von ihren beruflichen und privaten Herausforderungen, die sie durch eine von Männern dominierte akademische Welt navigierte, ohne jemals die Freude am Leben zu verlieren. Das Buch ist eine persönliche und zugleich kritische Reflexion, die sich an Wissenschaftler*innen, Eltern und alle richtet, die sich für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie interessieren.

Ein Leben voller Herausforderungen und Erfolge

Cornelia Essner öffnet dem Leser die Tür zu ihrem Leben und schildert die Höhen und Tiefen ihres Werdegangs. Geboren 1954, entschied sie sich früh für eine Karriere in der Geschichtswissenschaft – ein Feld, das damals noch stärker als heute von männlichen Akteuren dominiert wurde. Obwohl sie sich als Historikerin habilitierte und an mehreren Universitäten in Deutschland und Frankreich unterrichtete, blieb ihr der Zugang zu einer dauerhaften akademischen Position verwehrt.

Essners Erzählungen zeichnen ein Bild von Entbehrungen, aber auch von persönlichen Errungenschaften. Besonders eindrucksvoll ist ihre Schilderung, wie sie trotz prekärer beruflicher Umstände zwei Töchter großzog und ein erfülltes Familienleben führte. Dabei betont sie, dass ihre wissenschaftliche Karriere und ihre Rolle als Mutter keinesfalls gegensätzlich, sondern eng miteinander verwoben waren. Diese Erfahrung macht das Buch zu einer wertvollen Ressource für Frauen, die sich in ähnlichen Lebenssituationen befinden.

Kritik an der Geschichtswissenschaft und der Rolle der Frau

Ein zentraler Aspekt des Buches ist Essners scharfsinnige Kritik an den Strukturen der akademischen Welt, insbesondere in der Geschichtswissenschaft. Sie schildert eindrücklich, wie sehr Frauen in dieser Disziplin mit Vorurteilen und strukturellen Benachteiligungen zu kämpfen haben. Essner zeigt auf, dass der akademische Betrieb Frauen mit Kindern oft als weniger leistungsfähig wahrnimmt, obwohl viele von ihnen eine enorme Doppelbelastung stemmen.

Besonders mutig ist ihre Kritik an den Machtstrukturen in der Wissenschaft, die in ihrer Erfahrung vor allem Männern zugutekommen. Essner prangert an, dass die Vereinbarkeit von Familie und Karriere in der Praxis häufig scheitert – ein Zustand, der auch heute noch viele betrifft. Doch bei aller Kritik verliert sie nie ihren Humor und ihre Leichtigkeit, was das Buch trotz seiner ernsten Thematik angenehm lesbar macht.

Einblicke in die Persönlichkeit der Autorin

Essners Persönlichkeit ist eine der großen Stärken dieses Buches. Ihre Leidenschaft für die Geschichtswissenschaft, ihr Humor und ihre Offenheit ziehen sich wie ein roter Faden durch die Erzählung. Sie schildert ihre Lebensstationen, die sie unter anderem nach Kairo und Paris führten, mit einer Lebendigkeit, die das Buch beinahe wie einen Roman wirken lässt.

Auch ihre wissenschaftliche Arbeit wird immer wieder thematisiert. Essner hat bedeutende Studien zur Kolonialgeschichte und zum Nationalsozialismus verfasst, wobei ihre Arbeit zu den sogenannten „Nürnberger Gesetzen“ international Beachtung fand. Diese Verbindung von persönlichen Erlebnissen und wissenschaftlichem Hintergrund verleiht dem Buch eine besondere Tiefe.

Über die Autorin

Cornelia Essner ist habilitierte Historikerin und Autorin zahlreicher wissenschaftlicher Arbeiten. Sie hat sich vor allem mit Themen wie der Kolonialgeschichte und den Auswirkungen des Nationalsozialismus beschäftigt. Ihre Expertise zeigt sich in der klaren und analytischen Art, mit der sie auch in diesem Buch über gesellschaftliche Strukturen reflektiert. Essner lebt heute in Berlin, wo sie weiterhin wissenschaftlich tätig ist.

Ein Schreibstil, der begeistert

Eine weitere Stärke des Buches ist Essners Schreibstil. Sie versteht es, komplexe Themen klar und unterhaltsam zu vermitteln, ohne den Ernst der Lage zu verharmlosen. Ihre Sprache ist lebendig und leicht zugänglich, was das Buch sowohl für Fachleute als auch für ein breiteres Publikum interessant macht. Sie schreibt mit einer Ehrlichkeit, die den Leser fesselt und gleichzeitig zum Nachdenken anregt.

Fazit: Ein Buch mit Mehrwert

„Zwischen allen Stühlen“ ist ein Buch, das mehr bietet, als die bloße Biografie einer Historikerin. Es ist eine Reflexion über die Herausforderungen, denen sich Frauen in der Wissenschaft gegenübersehen, eine Hommage an die Familie und eine Liebeserklärung an das Leben. Essners Offenheit und ihr Humor machen das Buch zu einer bereichernden Lektüre, die lange nachhallt.

Dieses Werk ist besonders für Leser*innen empfehlenswert, die sich für Geschichtswissenschaft, feministische Themen oder die Vereinbarkeit von Beruf und Familie interessieren. Mit nur 96 Seiten ist es schnell gelesen, hinterlässt jedoch einen tiefen Eindruck.

Mediennerd
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