Zonkos Zeitmaschinen (Motorbuch Verlag)
Mai 2025
Zonkos Zeitmaschinen
Ich schlage das Buch auf und bin sofort mittendrin im Sound der 90er: Röhren von Zweizylindern, ruckelnde Ketten, vibrierende Fahrwerke. Fritz Triendl – oder wie ihn Insider nennen, Zonko – erzählt von legendären Motorrädern einer goldenen Ära. Das Buch lädt mich ein, all das wieder zu spüren und nachzufühlen, was mich damals an Motorrädern fasziniert hat. Es schafft diesen Spagat zwischen persönlicher Erinnerung und technischem Rückblick auf eine Weise, die spannend, informativ und emotional zugleich ist.
Inhalt & Umfang
Mit knapp 200 Seiten und rund 150 Abbildungen ist das Werk angenehm kompakt, aber dabei doch reichhaltig. Etwa 150 Bikes ziehen an mir vorbei: Supersportler wie die Honda RC30, harte Enduros, Charmebolzen wie Croppers – jede Maschine bekommt ausreichend Porträtzeit. Triendl hebt sich dabei geschickt hervor, indem er den Fokus weniger auf technische Daten legt, sondern auf das Erleben, die Stimmung, die persönlichen Momente – die Storys hinter den Maschinen. Für Fans entsteht ein gelungenes Revival, für Neulinge bleibt es ein Einstieg ohne Überforderung.
Mein persönlicher Fahrbericht
Ich hab beim Lesen förmlich meine Lederkombi riechen können. Ob bei der aggressiv klingenden Ducati Monster oder der eleganten BMW R nineT – Zonko erzählt so lebendig, dass ich das Summen im Ohr hör’. Eine seiner stärksten Sequenzen beschreibt seinen Sturz auf der Ducati Monster – ehrlich, knallhart und trotzdem mit einem Augenzwinkern. Er nimmt mich mit auf die Rennstrecke, auf Ritten durchs Gebirge, lässt mich am Adrenalin teilhaben. Aber auch gemütliche Ausfahrten kommen vor – etwa mit der Moto Guzzi, bei denen nicht nur Tempo, sondern auch Charakter zählt. Bei jeder Maschine stelle ich mir die Sitzposition vor, das Drehmoment, die Vibration – beim Lesen merke ich, wie ich mich tiefer ins Motorrad erinnere als an manch anderen Moment in meinem Alltag.
Stil & Sprache
Der Ton ist kumpelhaft, unverstellt – bei aller Professionalität nicht übertrieben. Ich habe nie das Gefühl, dass es gestelzt wirkt. Triendl schreibt in einer Mischung aus lockerem Plauderton und konkretem Bezug zur Motorradszene. Das macht das Buch sehr nahbar. Kein Zweifel: Der Autor spricht die Sprache der Fahrer, mechanisch Interessierten, Nostalgischen. Da werden Fachbegriffe erklärt, aber nicht langweilig ausgebreitet – Technik bleibt Mittel zum emotionalen Zweck.
Optik, Layout, Bilder
Rund 150 Fotos befinden sich im Buch – teils modern, teils Vintage, teils aus Zeitschriftenarchives. Das Bildmaterial ist vielfältig: Close-ups von Fahrwerken, Rückblicke auf Rennstrecken, Portraits. Ideal, um unterwegs mal reinzublättern. Die Bilder sind klar, stimmungsvoll, aber nicht überladen – sie unterstreichen den Text, ohne ihn zu ersetzen. Das Hardcover wirkt hochwertig, typisches Motorbuch-Verlag-Niveau: schönes Papier, stabile Bindung, ansprechende Typografie.
Zielgruppe
Vor allem Nostalgiker, Motorradfans, Menschen, die die 90er selbst erlebt haben, finden hier ein Schmuckstück. Aber auch jüngere Leser mit Interesse an Zweiradkultur bekommen eine kurzweilige Zeitreise. Technische Freaks, die tiefe Datenanalyse suchen, könnten es zu allgemein finden – das ist aber völlig bewusst so gelegt: ein Buch zum Sammeln, Lesen, Erinnern.
Kapitel & Themenvielfalt
Die Kapitel wechseln zwischen Bike-Genres: Supersport, Naked, Enduro, Cruiser. Jeder Abschnitt enthält 10–20 Maschinen, dazu Anekdoten, persönliche Erlebnisse, Einschätzungen und manchmal auch Rückblicke auf damalige Technikdebatten. Keine trockenen Listen, sondern erzählerische Cluster, die Neigung, Charakter und technischen Hintergrund geschickt verweben. Hier wird kein „Top‑10“ aufgelistet, sondern es entsteht ein lebendiges Bild jeder Zeit und Maschine.
Der Autor – Zonko in Aktion
Das Buch lebt maßgeblich vom Autorenprofil. Fritz Triendl, besser bekannt als Zonko, war lange Chefredakteur bei Der Reitwagen und schreibt seit Jahren für diverse Motorradtitel. Er produziert YouTube‑Content, moderiert, fährt. All das merkt man: Das Buch ist keine Liebeserklärung eines Fans – es ist das Werk eines Insiders, der Szene, Szene‑Leute, Entwicklung und Kult kennt. Er schafft es, Fachwissen einfließen zu lassen, ohne zu belehren. Die Anekdoten, seine direkten Erfahrungen, machen das Buch zum Ich-Erlebnis statt zu einem trockenen Bildband.
Was mich berührt hat
Da ist etwa der spannende Abschnitt über die Honda RC30 und Fast Freddie Spencer: ich habe mitgefiebert, als der Ex-Weltmeister auf seinem Bike wieder die Strecke kratzte. Oder die Erinnerungen an wheelende Trainings im Gelände: Ich hab mich selbst in der Abgeschiedenheit gefühlt, gemeinsam mit ihm auf Rädern zu tanzen. Und dann wieder die Guzzi-Le Mans, ein Retro-Hit, der Charakter vor Geschwindigkeit setzt. Diese Mischung aus Tempo, Emotion und Persönlichkeit lässt mich das Buch nicht aus der Hand legen.
Kritik
Absolut perfekte Technikdaten gibt es nicht in Massen – das ist bewusst so. Wer ein Zahlenwerk erwartet, wird enttäuscht. Auch mehr Hintergrundgeschichte zu Herstellern gibt es nur anreißend. Das mag für den einen zu wenig, für den anderen genau richtig sein. Ich persönlich hätte mir zu ein oder zwei Motorrädern spezifischere Vergleichsstatistiken gewünscht – z. B. PS-Gewichte – aber das schmälert nicht die Gesamtidee.
Vergleich zu ähnlichen Büchern
Verglichen mit anderen Bildband- oder Technikbüchern bietet „Zonkos Zeitmaschinen“ mehr Persönlichkeit. Es fehlt die trockene Datenlast, die manchen Bildbänden ihren Charme nimmt, aber dafür gewinnt es an Leben und Wärme. Wer Motorradfolklore und -reminiszenzen sucht, liegt hier goldrichtig.
Gesamteindruck
Ein echtes Highlight für Zweirad-Fans wie mich. Emotionen, Technik, Nostalgie und eine Autor‑Persönlichkeit ergeben zusammen ein stimmiges Ganzes. Ich werde das Buch immer mal wieder aufschlagen – wenn ich gerade Lust auf Erinnerungen habe. Die Kombination aus Text, Bildern, Storys macht „Zonkos Zeitmaschinen“ zum Geschenk für sich selbst oder für gute Freunde mit Benzin im Blut.