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Wir waren die Müller-Spieler

Wir waren die Müller-Spieler: Hermann Beyer, Michael Gwisdek, Dieter Montag über die Kunst des Schauspielens in der DDR (Recherchen) ist ein Buch aus dem Verlag Theater der Zeit und erschien am 9. Januar 2024. 

Wir waren die Müller-Spieler

Im vorliegenden Band wird untersucht, wie in den siebziger Jahren in Ost-Berlin das festgefügte und außengelenkte System „DDR-Theater“ von innen heraus, durch die Arbeit Heiner Müllers und einer kleinen Gruppe von Schauspieler:innen, Regisseuren und Bühnenbildnern in seinen ideologischen und ästhetischen Grundfesten erschüttert wurde. Thomas Wieck und Renate Ziemer haben Theaterarchive ausgewertet und umfangreiche Gespräche geführt. Hermann Beyer, Michael Gwisdek, Jürgen Holtz, Dieter Montag und Johanna Schall erinnern in den hier protokollierten Gesprächen an die theatralische Unbedingtheit und Kraft kollektiver schauspielerischer Selbstbestimmung. Diese zwischen 1940 und 1950 geborene Schauspielergeneration zog eine theatralisch überzeugende Bilanz des „gesellschaftspolitischen Experiments“ in einem Teil Deutschlands und stellte ihm eine niederschmetternde Diagnose – „politisches Theater“ im besten Sinne, vorbildlich und wirksam über die Zeiten hin.

Als jemand, der sich für die Geschichte des Theaters und dessen Einfluss auf die Gesellschaft interessiert, war ich von dem Buch „Wir waren die Müller-Spieler“ fasziniert. In diesem Werk wird eindrucksvoll dargestellt, wie eine Gruppe von Schauspieler:innen, Regisseuren und Bühnenbildnern in den 1970er Jahren in Ost-Berlin das starre DDR-Theatersystem von innen heraus herausforderte. Das Buch, geschrieben von Thomas Wieck und Renate Ziemer, basiert auf sorgfältigen Recherchen und zeugt von einer tiefen Auseinandersetzung mit dem Thema. Thomas Wieck, bekannt für sein theaterwissenschaftliches Studium an der Theaterhochschule „Hans Otto“ Leipzig und seine vielseitige Karriere im Theaterbereich, bringt zusammen mit Renate Ziemer die dramatische Geschichte dieser mutigen Künstler:innen zum Leben. Sie schildern, wie unter der Leitung Heiner Müllers eine Gruppe von Kreativen das damalige System nicht nur herausforderte, sondern auch die ideologischen und ästhetischen Grundfesten des DDR-Theaters erschütterte.

Besonders beeindruckend sind die protokollierten Gespräche mit Theatergrößen wie Hermann Beyer, Michael Gwisdek, Jürgen Holtz, Dieter Montag und Johanna Schall. Ihre Erinnerungen verleihen dem Buch eine authentische und persönliche Note. Es wird deutlich, dass diese Generation von Schauspieler:innen, die zwischen 1940 und 1950 geboren wurden, nicht nur die Bühne als künstlerisches Ausdrucksmittel nutzten, sondern auch als Plattform, um politische Botschaften zu vermitteln. Ihr „politisches Theater“ war dabei nicht nur ein Ausdruck von Kreativität, sondern auch von Mut und gesellschaftlichem Engagement. Das Buch bietet zudem einen tiefen Einblick in das „gesellschaftspolitische Experiment“ der DDR. Die Autoren beleuchten kritisch, wie die Künstler:innen sich innerhalb des Systems bewegten und es gleichzeitig infrage stellten. Es zeigt, wie Theater nicht nur die Gesellschaft widerspiegeln, sondern auch aktiv gestalten und verändern kann.

Für mich als Leser war „Wir waren die Müller-Spieler“ eine Offenbarung. Es hat mir nicht nur einen neuen Blick auf die Rolle des Theaters in der DDR gegeben, sondern auch die Bedeutung von künstlerischem Ausdruck in autoritären Systemen verdeutlicht. Dieses Buch ist ein Muss für alle, die sich für Theatergeschichte, politisches Theater und die kulturelle Landschaft der DDR interessieren. Die Autoren haben es geschafft, ein Stück vergessene Geschichte lebendig werden zu lassen und gleichzeitig wichtige Fragen zur Rolle der Kunst in der Gesellschaft zu stellen. Abschließend ist „Wir waren die Müller-Spieler“ eine fesselnde und informative Lektüre, die nicht nur Theaterliebhaber:innen, sondern alle, die sich für Geschichte und Politik interessieren, begeistern wird. Es ist ein wertvolles Werk, das die Macht der Kreativität und des künstlerischen Ausdrucks in schwierigen Zeiten unterstreicht.

Wir waren die Müller-Spieler

8.4

Aufmachung

7.5/10

Umfang

8.9/10

Schreibstil / Bilder

8.6/10

Umsetzung

8.5/10

Hat mir besonders gefallen

  • Das Buch basiert auf umfangreichen Archivauswertungen und Gesprächen, was zu einer fundierten und detaillierten Darstellung führt.
  • Protokollierte Gespräche mit namhaften Theaterpersönlichkeiten bieten authentische und persönliche Perspektiven.
  • Es beleuchtet ein wichtiges Kapitel der DDR-Theatergeschichte und dessen Einfluss auf die Gesellschaft.
  • Das Buch thematisiert die Rolle des Theaters als Medium für politische Botschaften und gesellschaftliche Kritik.
  • Die Autoren vermitteln die Geschichte auf eine Weise, die sowohl informativ als auch emotional ansprechend ist.
Mediennerd
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Medienproduzent/Blogger, Katzenliebhaber und 1. FC Köln Fan im hohen Norden. Mit meiner Berufs- und Lebenserfahrung teste und vermarkte ich seit 2009 Produkte aller Art. Sie erhalten immer ein ehrliches Feedback.
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