Wien und der Tod (Carl Ueberreuter Verlag)
Oktober 2024
Wien und der Tod
Schon beim ersten Aufschlagen von „Wien und der Tod“ von Peter Ahorner aus dem Carl Ueberreuter Verlag wird klar, dass dieses Buch kein gewöhnlicher Reiseführer ist. Es ist vielmehr ein tiefgründiger und doch heiterer Spaziergang durch die morbide Seele Wiens, eine Stadt, die sich seit jeher in einer ganz eigenen Beziehung zum Tod befindet. Der Tod ist hier nicht nur das Ende des Lebens, sondern Teil einer kulturellen Tradition, die sowohl mit schwarzem Humor als auch mit einem liebevollen Augenzwinkern betrachtet wird.
Ein tiefer Einblick in den Wiener Humor
Peter Ahorner, der als Autor, Liedtexter und Kabarettist bekannt ist, fängt in diesem Buch das ein, was die Wiener Haltung zum Tod so besonders macht: Gelassenheit und Humor. In einer Stadt, in der der Tod oft als „der große Gleichmacher“ angesehen wird, begegnet man dem Unvermeidlichen nicht mit Furcht, sondern mit Pragmatismus und einer guten Portion Galgenhumor. Ahorner schafft es, diese Haltung auf eine Weise zu vermitteln, die sowohl informativ als auch unterhaltsam ist.
Bereits der Titel deutet darauf hin, dass hier nicht nur die tragische Seite des Lebensendes beleuchtet wird, sondern auch die skurrilen Traditionen, die Wien prägen. Ein besonderes Highlight ist zum Beispiel das Kapitel über das „Sarg-Probeliegen“. Hierbei wird die absurde Idee aufgegriffen, dass man sich bereits vor dem Tod mit seiner letzten Ruhestätte vertraut machen sollte – eine Idee, die typisch wienerisch ist und den Pragmatismus und den schwarzen Humor der Wiener perfekt einfängt.
Der Wiener Zentralfriedhof als kulturelles Zentrum
Ein zentraler Schauplatz im Buch ist der Wiener Zentralfriedhof, der 2024 sein 150-jähriges Bestehen feiert. Für Ahorner ist dieser Friedhof mehr als nur eine Ruhestätte für Verstorbene. Er ist vielmehr ein Spiegelbild der Wiener Gesellschaft und eine Art Pilgerstätte, an der sich das Leben und der Tod auf besondere Weise vereinen. Hier liegen nicht nur die berühmten Persönlichkeiten der Stadt, sondern auch die einfachen Wiener, die das Alltagsleben prägten. Ahorner beschreibt den Friedhof mit einem unverwechselbaren Charme und betont, wie sehr die Wiener auch in der Auseinandersetzung mit dem Tod eine gewisse „Gemütlichkeit“ an den Tag legen.
Die Beschreibung des Wiener Zentralfriedhofs in diesem Buch ist nicht nur ein historischer Rückblick, sondern auch eine liebevolle Anekdotensammlung, die das Verhältnis der Wiener zu ihrem letzten Wohnsitz illustriert. Besonders interessant finde ich Ahorners Erzählungen über die Scheintotklingel – eine Vorrichtung, die im 19. Jahrhundert tatsächlich installiert wurde, um fälschlicherweise für tot gehaltenen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich bemerkbar zu machen.
Peter Ahorner: Der Autor hinter dem Werk
Peter Ahorner ist kein Unbekannter in der Wiener Kulturszene. Geboren und aufgewachsen in Wien, hat er sich durch seine scharfzüngigen Kabaretttexte und Liedtexte einen Namen gemacht. Besonders hervorzuheben ist seine Zusammenarbeit mit dem Duo „Die Strottern“, mit denen er regelmäßig auf der Bühne steht. In „Wien und der Tod“ zeigt sich Ahorners Liebe zur Wiener Sprache und seinem typisch wienerischen Blick auf die Welt. Sein Talent, Humor und Ernsthaftigkeit zu verbinden, macht dieses Buch zu einem einzigartigen Erlebnis, das sowohl zum Nachdenken als auch zum Schmunzeln anregt.
Schwarzer Humor als Schmiermittel des Lebens
Ein zentrales Thema im Buch ist der schwarze Humor, den Ahorner immer wieder als „Schmiermittel“ beschreibt, das die Zahnräder des Lebens und des Sterbens in Bewegung hält. Gerade in der Auseinandersetzung mit dem Tod ist dieser Humor für viele Wiener eine Möglichkeit, das Unvermeidliche zu akzeptieren, ohne sich dem Ernst der Thematik gänzlich zu entziehen. Ahorner illustriert dies durch zahlreiche Anekdoten und Sprichwörter, die zeigen, wie tief verwurzelt dieser Humor in der Wiener Kultur ist.
Fazit: Ein Buch, das berührt und erheitert
„Wien und der Tod“ ist ein kleines literarisches Meisterwerk, das tief in die Wiener Seele blicken lässt. Peter Ahorner schafft es, ein Thema, das oft schwer und bedrückend ist, mit einer Leichtigkeit und einem Humor zu behandeln, die das Lesen zu einem Vergnügen machen. Man merkt dem Autor seine enge Verbindung zur Stadt und ihrer Kultur in jedem Kapitel an. Besonders gefallen hat mir, dass Ahorner es versteht, den Tod nicht nur als Ende zu betrachten, sondern auch als Teil des Lebens, dem man mit einem Lächeln begegnen kann.
Für alle, die Wien lieben oder die Stadt und ihre einzigartige Kultur besser verstehen wollen, ist dieses Buch ein absolutes Muss. Es bietet nicht nur interessante Einblicke in die Geschichte des Wiener Zentralfriedhofs und andere morbide Traditionen, sondern ist auch eine wunderbare Hommage an den Wiener Humor und das Leben selbst.