Vom alten Mann, der vor der Wirtschaftstür steht
(MARZELLEN-VERLAG)
Okober 2024
Vom alten Mann, der vor der Wirtschaftstür steht
„Vom alten Mann, der vor der Wirtschaftstür steht“ ist ein außergewöhnlicher Roman, der die kulturelle Vielfalt und das soziale Miteinander in Köln der 1970er Jahre aus der Sicht eines Migranten erzählt. Geschrieben von Anke Schulte und erschienen im Marzellen-Verlag, erforscht das Buch die Lebensgeschichte des fiktiven Charakters Antonio Lombardi. Inspiriert vom berühmten Lied „Drink doch eine met“ der Bläck Fööss, verwebt die Autorin geschickt Themen wie Migration und Integration mit der Essenz der Kölner Kultur und dem Streben nach Zugehörigkeit und Gemeinschaft. Für Leser, die sich für Gesellschaftsgeschichte und das Thema Migration interessieren, bietet dieser Roman eine fesselnde und berührende Lektüre.
Handlung und Themen
Der Protagonist Antonio Lombardi verlässt seine sizilianische Heimat, um nach einigen Schicksalsschlägen in Deutschland einen Neuanfang zu wagen. Er kommt in Köln an, einer Stadt voller Traditionen und Eigenheiten, die durch ihre Offenheit und den berühmten Karneval geprägt ist. Hier begegnet Antonio den Herausforderungen, die viele Migranten erleben: sich in einer neuen Umgebung zurechtzufinden, kulturelle Hürden zu überwinden und gleichzeitig die Sehnsucht nach Heimat zu bewahren. Besonders der Karneval und das Rheinland werden als Symbole für Gemeinschaft dargestellt, die Antonio tief beeindruckt und ihm trotz vieler Hürden Hoffnung gibt.
Die Autorin legt viel Wert darauf, die gesellschaftlichen und kulturellen Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu zeigen, die Antonio auf seiner Reise in Köln kennenlernt. Er findet Arbeit und schließt Freundschaften, wird jedoch auch mit Vorurteilen konfrontiert. Durch die Verknüpfung der Erlebnisse Antonios mit historischen Ereignissen wie den Erfahrungen vieler Gastarbeiter vermittelt Schulte ein authentisches Bild dieser Zeit. Die Stadt Köln, mit all ihren Eigenheiten, wird dabei zu einem lebendigen Schauplatz, der den Leser tief in die Atmosphäre der 1970er Jahre eintauchen lässt.
Stil und Struktur
Anke Schultes Schreibstil ist einfühlsam, detailliert und zugleich flüssig, wodurch das Buch sowohl für anspruchsvolle Leser als auch für jene, die nach einer tiefgründigen, aber gut lesbaren Geschichte suchen, geeignet ist. Durch präzise Beschreibungen und emotionale Tiefe schafft es die Autorin, den Leser in die Gedanken- und Gefühlswelt Antonios hineinzuführen. Die Erzählung ist klar strukturiert, mit gut platzierten Rückblenden und einprägsamen Dialogen, die die innere Zerrissenheit und den kulturellen Konflikt Antonios verdeutlichen.
Ein besonderer Aspekt ist die Einbindung des Liedes „Drink doch eine met“. Der Songtext wird an verschiedenen Stellen im Buch aufgegriffen, was der Geschichte eine besondere Authentizität verleiht. Der Song dient dabei nicht nur als kulturelle Referenz, sondern auch als Metapher für die zentrale Botschaft des Romans: die Wichtigkeit von Zusammenhalt und das Überwinden von sozialen und kulturellen Barrieren.
Über die Autorin
Anke Schulte ist nicht nur Autorin, sondern auch eine engagierte Persönlichkeit im kulturellen Leben Kölns. Sie ist Referentin im Arbeits- und Gesundheitsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen und aktiv im Kölner Karneval, Mitglied der 1. Damengarde Coeln und Ehren-Funke-Leutnant der Reserve der Roten Funken. Bereits mit ihrem Debüt „Unfassbar“, einer Liebesgeschichte zur Zeit der Corona-Pandemie, hat sie ihre Verbundenheit zur Stadt Köln bewiesen. Auch in ihrem zweiten Werk zeigt sich Schultes Liebe zur rheinischen Kultur und ihre Fähigkeit, komplexe Themen mit Einfühlungsvermögen darzustellen.
Persönliche Einschätzung
Für mich hat „Vom alten Mann, der vor der Wirtschaftstür steht“ eine ganz besondere Wirkung. Durch die feinfühlige Darstellung von Antonios Herausforderungen und seine allmähliche Integration in Köln entsteht eine berührende, aber auch ermutigende Erzählung. Das Buch bringt uns nicht nur die Schwierigkeiten eines Migranten näher, sondern auch die wunderbaren Momente des Zusammenhalts und der Freundschaft, die Antonio auf seinem Weg erfährt. Es ist ein Roman, der dazu einlädt, die Kölner Kultur und ihre offene Haltung gegenüber Fremden zu entdecken und neu zu würdigen.
Der Mix aus historischen Fakten und fiktiver Erzählung sorgt dafür, dass das Buch nicht nur unterhält, sondern auch lehrreich ist. Die Geschichte regt zum Nachdenken über die Rolle von Integration, kultureller Vielfalt und Akzeptanz in unserer heutigen Gesellschaft an. Besonders Menschen, die sich für historische Romane mit einem starken sozialen Bezug interessieren, werden hier auf ihre Kosten kommen.
Fazit
Insgesamt ist „Vom alten Mann, der vor der Wirtschaftstür steht“ ein wertvolles Buch, das die Kraft der Gemeinschaft in einer Stadt wie Köln eindrucksvoll zeigt. Anke Schulte schafft es, mit ihrem Roman sowohl die Geschichte der Gastarbeiter in Deutschland als auch die Kultur und das Lebensgefühl Kölns lebendig werden zu lassen. Eine klare Leseempfehlung für alle, die an gesellschaftlich relevanten Themen interessiert sind und einen Roman suchen, der mit viel Herz und Verstand geschrieben wurde.