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Raumbilder und ihre Gebrauchsweisen

Raumbilder und ihre Gebrauchsweisen: Zur Organisation des Sehens in der Stereofotografie ist ein Buch aus dem Büchner Verlag und erschien am 7. August 2024. 

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Raumbilder und ihre Gebrauchsweisen

Das Sehen stereofotografischer Bilder – ein Massenmedium um 1900 und eine frühe Form der ›Virtual Reality‹ – unterliegt je nach Gebrauchsweise unterschiedlichen Organisationsformen. Gemeinsam ist den bildmedialen Seherfahrungen von solchen Raumbildern jedoch, dass sie von einer Versetzung in den Bildraum geprägt sind, sie aber gleichsam medial-künstliche Erfahrungen bleiben: Einerseits ist das stereofotografische Raumbild eine perfektionierte visuelle Wirklichkeitsillusion, andererseits kann im Raumbilder-Sehen das Dargestellte nur kulissenhaft betrachtet werden und bleibt den anderen Sinnen unzugänglich. Auf diese Weise wird der leiblichen und synästhetischen Erfahrung im Raumbilder-Sehen stets Grenzen gesetzt. Charlotte Bruns widmet sich eingehend dem stereoskopischen Raumbilder-Sehen, dessen immersiven Potenzialen und den gesellschaftlichen Gebrauchs- und Wirkungsweisen dieser Bildmedientechnik. Je spezifische Apparaturen und Sehtechniken zur dreidimensionalen Wahrnehmung des Raumbildes, Konventionen der Gestaltung und soziale Rahmungen der Betrachtung ermöglichen es Raumbildern, räumlich Fernes, zeitlich Vergangenes, moralisch Verbotenes und epistemisch Verschlossenes zu vergegenwärtigen.

Das Buch „Raumbilder und ihre Gebrauchsweisen: Zur Organisation des Sehens in der Stereofotografie“ von Charlotte Bruns, erschienen im Büchner Verlag, hat mich tief beeindruckt. Bruns gelingt es, ein faszinierendes Thema aus der Mediengeschichte und -theorie verständlich und zugleich wissenschaftlich fundiert zu beleuchten. Das Buch untersucht die Stereofotografie, ein Medium, das um 1900 eine erste Form der „Virtual Reality“ darstellte. Diese Technik erzeugt den Eindruck von Dreidimensionalität und lässt den Betrachter in eine scheinbar realistische Welt eintauchen. Bruns geht dieser visuellen Illusion und ihren gesellschaftlichen und kulturellen Implikationen auf den Grund, indem sie die verschiedenen Nutzungsweisen und Wahrnehmungsmechanismen analysiert, die mit dem Betrachten dieser „Raumbilder“ einhergehen.

Besonders hervorzuheben ist die umfassende Betrachtung der historischen Entwicklung der Stereofotografie, die in den Kontext der technischen und sozialen Veränderungen des 19. und 20. Jahrhunderts gestellt wird. Bruns zeigt auf, wie diese Bilder nicht nur als technologische Kuriosität, sondern auch als kulturelles Phänomen verstanden werden können, das tief in die Wahrnehmungsgewohnheiten seiner Zeit eingebettet war. Charlotte Bruns, die Autorin, promovierte 2021 an der Technischen Universität Chemnitz zu diesem Thema. Ihre akademische Laufbahn spiegelt sich in der Präzision und Tiefe wider, mit der sie die Thematik behandelt. Sie ist derzeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Medienforschung tätig, was ihre Expertise auf diesem Gebiet unterstreicht. Ihre umfassende Ausbildung und Forschung in Kunst- und Kulturwissenschaften verleihen dem Buch eine interdisziplinäre Perspektive, die das Thema Stereofotografie sowohl aus technischer als auch aus kultureller Sicht beleuchtet.

In der Auseinandersetzung mit den „Raumbildern“ geht es Bruns nicht nur darum, wie sie technisch erzeugt werden, sondern auch darum, wie sie wahrgenommen werden und welche Effekte sie auf den Betrachter haben. Sie analysiert, wie die immersiven Potenziale dieser Bilder genutzt wurden, um räumlich und zeitlich Entferntes scheinbar greifbar zu machen. Dabei wird deutlich, dass die Stereofotografie als frühe Form der medialen Wirklichkeitsillusion betrachtet werden kann, die trotz ihrer visuellen Perfektion die körperlichen und sinnlichen Erfahrungen des Betrachters einschränkt. Bruns‘ Schreibstil ist klar und präzise, wodurch das Buch auch für Leser zugänglich bleibt, die sich nicht primär mit Medienforschung beschäftigen. Gleichzeitig bleibt sie stets auf einem hohen wissenschaftlichen Niveau, was das Werk zu einer wertvollen Ressource für Fachleute macht. Besonders die zahlreichen Farb- und Schwarzweißabbildungen im Buch tragen dazu bei, dass die theoretischen Konzepte visuell greifbar werden.

Insgesamt stellt das Buch eine gelungene Mischung aus historischer Analyse, medientheoretischer Reflexion und visueller Kulturgeschichte dar. Es ist nicht nur für Medienwissenschaftler interessant, sondern auch für alle, die sich für die Entwicklung visueller Medien und deren Einfluss auf unsere Wahrnehmung interessieren. Die sorgfältige Aufarbeitung und die fundierte Analyse machen es zu einem unverzichtbaren Werk für alle, die sich mit der Geschichte und Theorie der Fotografie, insbesondere der Stereofotografie, beschäftigen. Mit ihrer Untersuchung der Gebrauchsweisen dieser Raumbilder leistet Charlotte Bruns einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der visuellen Kultur des 19. und 20. Jahrhunderts und zeigt eindrucksvoll, wie tief die Wurzeln moderner Medienerfahrungen in der Geschichte der Fotografie liegen. Wer sich für die Schnittstelle von Technik, Kunst und Kultur interessiert, findet in diesem Buch einen reichhaltigen Fundus an Wissen und Anregungen.

Raumbilder und ihre Gebrauchsweisen

8.6

Aufmachung

8.5/10

Umfang

8.6/10

Schreibstil

8.5/10

Thema

8.5/10

Aufbau

8.4/10

Lesbarkeit

8.5/10

Illustrationen Cover

9.0/10

Umsetzung

8.6/10

Hat mir besonders gefallen

  • Tiefgründige Analyse der Stereofotografie und ihrer visuellen Illusion.
  • Verknüpfung von historischer und medientheoretischer Perspektive.
  • Verständlicher Schreibstil trotz wissenschaftlicher Tiefe.
  • Interdisziplinärer Ansatz, der technische und kulturelle Aspekte beleuchtet.
  • Visuelle Unterstützung durch zahlreiche Abbildungen.
Mediennerd
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Medienproduzent/Blogger, Katzenliebhaber und 1. FC Köln Fan im hohen Norden. Mit meiner Berufs- und Lebenserfahrung teste und vermarkte ich seit 2009 Produkte aller Art. Sie erhalten immer ein ehrliches Feedback.
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