Freischwimmer ist ein Buch aus dem Pendragon Verlag und erschien am 6. März 2024.
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Freischwimmer
Es gibt Zeiten im Leben, auf die man zurückblickt und begreift, dass sie alles verändert haben – für Donnie Frey ist diese Zeit sein 21. Sommer. Eine einzige schicksalhafte Begegnung reicht aus, um Donnie völlig aus der Bahn zu werfen. Plötzlich sieht er sich mit Fragen konfrontiert, denen er bislang erfolgreich ausgewichen ist. Was bedeutet es, eigene Entscheidungen zu treffen und mit den Konsequenzen zu leben? Wie weit würde er gehen, um für seine Überzeugungen einzustehen? Antworten auf diese Fragen findet er dort, wo er sie am wenigsten erwartet hätte: in Zimmer 311 eines Altenheimes, auf dem Fahrersitz eines Buchanka und in einem malerischen Hotel in Südfrankreich.
In Gabriel Herlichs Debütroman „Freischwimmer“, der im Pendragon Verlag erschienen ist, erlebe ich die fesselnde Geschichte des 21-jährigen Donnie Frey. Der Roman beginnt mit einer leichtfüßigen Sommerstimmung, entwickelt sich jedoch schnell zu einer tiefgründigen Erzählung über Reife, Freundschaft und Selbstfindung. Donnie, ein junger Kunststudent, der sich von seinen Eltern entfremdet fühlt, wird zu Sozialstunden in einem Seniorenheim verurteilt, nachdem er von seinen neonazistischen Freunden dazu angestiftet wurde, Hakenkreuze in Autotüren zu ritzen. Herlich beschreibt Donnie als naiven und orientierungslosen Jugendlichen, der verzweifelt nach Zugehörigkeit sucht. In seinem Elternhaus, besonders im Angesicht seines strengen und wenig unterstützenden Vaters, fühlt er sich unverstanden und isoliert.
Die vermeintliche Strafe im Seniorenheim wird für Donnie zum Wendepunkt. Hier trifft er auf Vincent, einen Altenpfleger, der zu einem Mentor und echten Freund wird. Diese Beziehung hilft Donnie, seinen eigenen Weg zu finden und sich von den schädlichen Einflüssen seiner Freunde zu lösen. Besonders eindrucksvoll ist die Beziehung zwischen Donnie und Meggie, deren Großmutter Teofila ebenfalls im Seniorenheim lebt. Gemeinsam entdecken sie eine Botschaft von Teofilas totgeglaubter Jugendliebe Jakob, die sie auf eine Reise nach Frankreich führt, um ihn zu finden. Herlichs Schreibstil ist geradlinig und von einer erfrischenden Leichtigkeit geprägt, die dennoch tiefgründige Themen berührt. Die Erzählung aus der Perspektive Donnies lässt die Leser hautnah an seinen inneren Kämpfen und Entwicklungen teilhaben. Die anderen Charaktere, besonders Meggie und Vincent, sind sorgfältig gezeichnet und bieten wichtige Kontraste zu Donnies anfänglicher Naivität und Orientierungslosigkeit. Besonders Meggies Reife und Selbstsicherheit stehen im scharfen Gegensatz zu Donnies Unsicherheiten und machen ihre Beziehung besonders interessant.
Ein zentrales Thema des Romans ist die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und den eigenen Wurzeln. Durch die Begegnung mit Teofila und die Suche nach Jakob wird Donnie gezwungen, sich mit der Geschichte des Nationalsozialismus und deren Auswirkungen auf seine eigene Familie auseinanderzusetzen. Diese historische Dimension verleiht dem Roman zusätzliche Tiefe und Relevanz, besonders in einer Zeit, in der das Bewusstsein für die Schrecken des Holocausts wieder verstärkt ins öffentliche Bewusstsein rückt. Gabriel Herlich, 1988 in Frankfurt am Main geboren, bringt in „Freischwimmer“ seine eigene Lebenserfahrung und sein tiefes Verständnis für die jüdische Geschichte und Kultur ein. Aufgewachsen in jüdischen Gemeinden und nach einem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Wien und Grenoble, lebt er heute in Hamburg und arbeitet in der Tech-Branche. Diese vielfältigen Einflüsse spiegeln sich in der Vielschichtigkeit seines Romans wider und machen ihn zu einem einzigartigen Debüt in der deutschen Gegenwartsliteratur.
Insgesamt ist „Freischwimmer“ ein beeindruckender Roman über das Erwachsenwerden, die Suche nach Identität und den Mut, sich von destruktiven Einflüssen zu lösen. Herlich gelingt es, ernsthafte Themen mit einer erzählerischen Leichtigkeit zu verbinden, die den Leser fesselt und zum Nachdenken anregt. Ich empfehle dieses Buch allen, die eine bewegende und tiefgründige Geschichte suchen, die zugleich unterhaltsam und lehrreich ist. „Freischwimmer“ hat mich tief berührt und ich bin gespannt auf weitere Werke von Gabriel Herlich. Dieser Roman verdient definitiv eine breite Leserschaft und viel Aufmerksamkeit in der literarischen Welt.
Freischwimmer
Hat mir besonders gefallen
- Die Hauptfigur Donnie Frey durchläuft eine beeindruckende Entwicklung, die eindringlich und einfühlsam beschrieben wird. Sein Weg vom naiven Jugendlichen zum selbstbewussten jungen Erwachsenen ist glaubwürdig und berührend dargestellt.
- Gabriel Herlichs geradliniger und zugleich tiefgründiger Schreibstil schafft eine erzählerische Leichtigkeit, die ernste Themen wie Rassismus und Selbstfindung auf eindrucksvolle Weise behandelt.
- Der Roman behandelt Themen wie Freundschaft, Liebe, Reife und die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, was ihm eine besondere Tiefe verleiht. Die historische Dimension durch die Suche nach Jakobs Vergangenheit im Dritten Reich verleiht dem Buch zusätzliche Relevanz.
- Figuren wie der Altenpfleger Vincent und Meggie bieten wichtige Kontraste zu Donnies Charakter und tragen wesentlich zur Handlung bei. Ihre gut ausgearbeiteten Persönlichkeiten bereichern die Geschichte und machen sie vielfältiger.
- Der Roman kombiniert Elemente eines Roadmovies und einer Liebesgeschichte, was für eine abwechslungsreiche und spannende Handlung sorgt. Die Reise nach Frankreich und die damit verbundene Suche halten das Tempo hoch und fesseln den Leser.
