Feindbild China (Das Neue Berlin)
September 2021
Feindbild China
In einer Zeit, in der China weltweit immer mehr Aufmerksamkeit erregt und zugleich oft kritisch betrachtet wird, erscheint „Feindbild China: Was wir alles nicht über die Volksrepublik wissen“ von Uwe Behrens als ein Werk, das sich mit der Frage beschäftigt, wie viel wir tatsächlich über China wissen – und ob unser Wissen vielleicht in mancher Hinsicht sogar verzerrt ist. Als jemand, der selbst fast drei Jahrzehnte in China gelebt hat, bringt Behrens nicht nur Fakten, sondern auch ein tiefes persönliches Verständnis für Land und Leute mit. Das Buch richtet sich an Leser, die eine differenzierte Sicht auf China einnehmen möchten, abseits der oft klischeebehafteten und einseitigen Darstellungen in westlichen Medien.
Über den Autor
Uwe Behrens, geboren 1944, ist promovierter Transportökonom und hat sein Leben der Erforschung und Analyse des internationalen Handels und Transports gewidmet. Nach mehreren beruflichen Stationen, die ihn international agieren ließen, zog er 1990 nach China, wo er bis 2017 lebte und arbeitete. In dieser Zeit erlebte er den Wandel des Landes aus erster Hand, sammelte Erfahrungen und baute Verbindungen auf, die ihm eine besondere Einsicht in die chinesische Gesellschaft und Politik ermöglichten. Behrens versteht die Komplexität des Landes und zeigt, wie seine berufliche und persönliche Reise ihn in das Verständnis Chinas eintauchen ließ – und vor allem, wie unterschiedlich die westliche Wahrnehmung von der Realität vor Ort sein kann.
Inhalt und Aufbau des Buches
Das Buch „Feindbild China“ ist logisch strukturiert und deckt eine Vielzahl relevanter Themen ab, die in zehn Blöcke gegliedert sind. Jeder Block widmet sich einem zentralen Aspekt der chinesischen Entwicklung und beleuchtet dabei unterschiedliche Perspektiven und komplexe Fragestellungen. Zu den behandelten Themen gehören Chinas wirtschaftliche Modernisierung, die politische Stabilität unter dem kommunistischen System, sowie umstrittene internationale Projekte wie die „Neue Seidenstraße“. Auch sensible Themen wie Menschenrechte, die Situation in Hongkong, die Uiguren-Frage, Tibet und das Südchinesische Meer finden Eingang in die Diskussion.
Behrens scheut sich nicht, kontroverse Themen aufzugreifen und die westlichen Narrative kritisch zu hinterfragen. Besonders interessant ist seine Analyse der sogenannten „Schuldenfalle“ und die Sorge des Westens vor einer militärischen Expansion Chinas. Seine Argumentation stützt sich auf persönliche Erlebnisse, historische Fakten und tiefgehende Analysen, die den Leser dazu anregen, bisherige Überzeugungen zu hinterfragen.
Kritische Auseinandersetzung mit westlichen Perspektiven
Ein wesentlicher Teil des Buches beschäftigt sich mit der Art und Weise, wie China im Westen wahrgenommen und dargestellt wird. Behrens argumentiert, dass die rasante wirtschaftliche Entwicklung und die zunehmende politische und wirtschaftliche Bedeutung Chinas im Westen oft als Bedrohung interpretiert werden. Er hinterfragt, ob diese „Bedrohung“ tatsächlich real ist oder ob sie nicht vielmehr eine Projektion westlicher Ängste und Vorurteile darstellt. Behrens ist überzeugt, dass die einseitige Berichterstattung in den Medien und die politischen Diskurse oft auf unvollständigen Informationen basieren, die nur einen Teil der Realität widerspiegeln. Diese einseitigen Darstellungen führen dazu, dass das Bild Chinas im Westen verzerrt ist und viele Missverständnisse entstehen.
Sein Ansatz ist es, dem Leser ein differenziertes Bild zu bieten und zu zeigen, dass es mehr als eine Wahrheit gibt. Behrens plädiert dafür, China als das zu sehen, was es ist: ein Land mit einer langen Geschichte, einer reichen Kultur und einer komplexen politischen Struktur. Seine Sichtweise ist kritisch, aber nicht verurteilend – er lädt den Leser dazu ein, die eigenen Annahmen zu überdenken und eine offene Haltung einzunehmen.
Schreibstil und Lesbarkeit
Der Schreibstil von Uwe Behrens zeichnet sich durch Klarheit und Präzision aus. Er nutzt eine klare, verständliche Sprache, die sowohl Experten als auch interessierte Laien anspricht. Der Leser wird nicht mit komplizierten Fachtermini überfordert, sondern kann den Argumenten und Analysen mühelos folgen. Die Struktur des Buches ist ebenfalls gut durchdacht, da sie es dem Leser ermöglicht, gezielt in einzelne Themen einzutauchen und sich eine eigene Meinung zu bilden.
Was das Buch besonders zugänglich macht, sind die persönlichen Anekdoten und Erfahrungen, die Behrens einfließen lässt. Er beschreibt etwa, wie er selbst die Veränderungen im Alltag der Menschen miterlebt hat und wie sich die chinesische Gesellschaft in den Jahren seines Aufenthalts weiterentwickelt hat. Durch diese lebendigen Schilderungen wirkt das Buch nicht wie ein trockener Sachtext, sondern wie ein lebendiges Porträt eines Landes im Umbruch. Die Lesbarkeit wird auch dadurch gefördert, dass Behrens es versteht, komplexe Zusammenhänge auf eine einfache und nachvollziehbare Weise zu erklären.
Fazit: Eine Empfehlung für alle, die ein tieferes Verständnis suchen
„Feindbild China: Was wir alles nicht über die Volksrepublik wissen“ ist ein Buch, das eine neue Perspektive auf ein altes Thema bietet. Behrens lädt den Leser dazu ein, sich von Vorurteilen und einseitigen Darstellungen zu lösen und China aus einer differenzierten, offenen Sichtweise zu betrachten. Durch seine langjährige Erfahrung vor Ort und seine analytische Herangehensweise gelingt es ihm, ein Bild von China zu zeichnen, das sowohl die Stärken als auch die Herausforderungen des Landes umfasst.
Für alle, die ein tieferes Verständnis für die Volksrepublik China entwickeln wollen und bereit sind, sich mit einem differenzierten und vielschichtigen Blick auseinanderzusetzen, ist dieses Buch eine wertvolle und erhellende Lektüre. Es ermöglicht nicht nur eine neue Sichtweise auf China, sondern auch ein besseres Verständnis für die geopolitischen Zusammenhänge und die Hintergründe, die zur aktuellen Lage geführt haben.