Der Schoppenfetzer und die Nacht des Frevels
November 2024
Der Schoppenfetzer und die Nacht des Frevels
„Der Schoppenfetzer und die Nacht des Frevels“ von Günter Huth ist der neueste Fall des beliebten Würzburger Ermittlers Erich Rottmann. Diese Krimireihe, die sich durch ihren regionalen Charme und historische Verknüpfungen auszeichnet, erreicht hier einen neuen Höhepunkt. Der Roman beginnt mit einer düsteren und geheimnisvollen Szene in der Krypta der Neumünsterkirche, in der das Licht plötzlich erlischt und nur noch Kerzen flackern. Mit diesem packenden Einstieg wird der Leser in eine Geschichte voller Mysterien, historischer Bezüge und fränkischer Kultur entführt.
Handlung und Spannungsbogen
Die Handlung verknüpft mehrere scheinbar unabhängige Stränge miteinander: eine Schreibblockade eines Thriller-Bestsellerautors, die Aktivitäten von Rottmann als Fremdenführer und schließlich eine brutale Bluttat am Schrein der Frankenapostel. Diese Elemente werden durch die Rückkehr der Kreuzbergwallfahrer und einen historischen Fluch zusammengeführt. Was zunächst wie ein moderner Kriminalfall erscheint, wird zunehmend von der Frage überschattet, ob die mystischen Mythen und Legenden aus der Kilian-Zeit tatsächlich Einfluss auf die Gegenwart haben.
Rottmanns Ermittlungen führen ihn nicht nur tief in die Historie Würzburgs, sondern auch in die Abgründe menschlicher Motive. Der Spannungsbogen bleibt durch die geschickte Inszenierung von Wendungen und unerwarteten Enthüllungen konstant hoch. Die mystische Komponente der Geschichte, die sich durch die Frage nach dem Wirken eines Fluchs zeigt, verleiht dem Buch eine ungewöhnliche Tiefe.
Der Ermittler: Erich Rottmann
Erich Rottmann ist eine Figur, die im Laufe der Krimireihe immer weiterentwickelt wurde. In diesem Band zeigt er sich erneut als erfahrener und empathischer Ermittler, der seine langjährige Erfahrung gekonnt einsetzt. Interessant ist, dass er neben seiner detektivischen Arbeit auch als Fremdenführer tätig ist, was nicht nur für interessante historische Exkurse sorgt, sondern auch seinen Charakter vielseitiger erscheinen lässt. Seine Dialoge und Gedankengänge geben einen authentischen Einblick in die Gedankenwelt eines Menschen, der viel gesehen hat und dennoch mit einer gewissen Neugier und Offenheit agiert.
Die Nebenfiguren sind ebenfalls gelungen gestaltet. Sie bieten eine gute Mischung aus skurrilen, sympathischen und antagonistischen Charakteren, die das Geschehen bereichern und immer wieder für Überraschungen sorgen. Besonders die Einbindung der fränkischen Kultur und Mentalität in die Figurenzeichnung ist ein Markenzeichen von Günter Huth, das auch hier wieder hervorragend gelingt.
Stil und Atmosphäre
Günter Huth versteht es meisterhaft, den Leser mit seinem klaren und präzisen Schreibstil zu fesseln. Die Sprache ist zugänglich, aber dennoch reich an Details, die es ermöglichen, Würzburgs malerische Kulisse vor dem inneren Auge lebendig werden zu lassen. Ob die beschriebene Krypta, die Wallfahrtsrouten oder die historischen Stätten Würzburgs – jede Szene ist atmosphärisch dicht und lädt den Leser dazu ein, tiefer in die Geschichte einzutauchen.
Besonders die Verbindung zwischen historischen und fiktiven Elementen ist eine große Stärke dieses Romans. Huth schafft es, das alte Würzburg mit seinen Legenden und Mythen in die moderne Handlung zu integrieren, ohne dass es aufgesetzt oder übertrieben wirkt. Stattdessen entsteht eine faszinierende Symbiose, die die ohnehin spannende Handlung um eine zusätzliche Ebene bereichert.
Über den Autor: Günter Huth
Günter Huth wurde 1949 in Würzburg geboren und arbeitete viele Jahre als Rechtspfleger. Neben seiner Tätigkeit als Autor ist er bekannt für seine Jugend- und Sachbücher. Mit der Krimireihe um den Schoppenfetzer hat er eine der erfolgreichsten regionalen Krimireihen Deutschlands geschaffen. Seine Werke bestechen durch eine präzise Recherche und die gekonnte Einbindung regionaler Eigenheiten, die den Leser nicht nur unterhalten, sondern auch über die Geschichte und Kultur der Region informieren. Mit seinem zweiten literarischen Standbein, den Spessart-Thrillern, zeigt er zudem, dass er auch mit düsteren und actiongeladenen Geschichten überzeugen kann.
Historische Bezüge und kulturelle Tiefe
Ein besonderes Highlight des Buches sind die eingestreuten historischen Exkurse, die Huth geschickt in die Handlung einarbeitet. Die Legenden um die Frankenapostel Kilian, Kolonat und Totnan sowie die kulturellen Bräuche der Region werden nicht nur beiläufig erwähnt, sondern sind essenzieller Bestandteil der Geschichte. Dieser geschichtliche Unterbau gibt dem Roman eine Tiefe, die ihn von vielen anderen Krimis abhebt.
Auch die fränkische Mentalität und der Dialekt fließen subtil in die Dialoge und Beschreibungen ein, was dem Buch Authentizität verleiht. Es ist spürbar, dass Huth nicht nur die Region liebt, sondern auch großen Wert auf eine realistische und respektvolle Darstellung ihrer Traditionen legt.
Fazit: Ein Muss für Krimifans
„Der Schoppenfetzer und die Nacht des Frevels“ ist weit mehr als ein gewöhnlicher Regional-Krimi. Mit seiner Mischung aus Spannung, Geschichte und fränkischem Lokalkolorit bietet der Roman ein einzigartiges Leseerlebnis, das sowohl Krimifans als auch Freunde regionaler Literatur begeistert. Günter Huth schafft es, den Leser von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln und dabei eine dichte, atmosphärische Welt zu schaffen, die lange im Gedächtnis bleibt. Ein Buch, das ich jedem ans Herz legen kann, der Krimis mit besonderem Flair schätzt.
