Der Honigmann

Der Honigmann ist ein Buch aus dem Droemer Verlag und erschien am 1. August 2024. 

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Der Honigmann

Für Fine und Tim ist das malerische Fischbach vor den Toren der Großstadt das Familienparadies, von dem sie geträumt haben. Unter den anderen Eigenheimbesitzern finden sie schnell Freunde für sich und ihre Tochter. Als ein älterer Herr einen kleinen Laden für Honig, Tee und Deko eröffnet, scheint er das letzte Mosaiksteinchen im Idyll zu sein: Immer hat er ein offenes Ohr für die Mütter und einen Kakao für die Kinder. Jeder in Fischbach liebt den Honigmann – bis ein schockierendes Gerücht über seine Vergangenheit die Runde macht. Plötzlich steht alles, das so sicher schien, zur Disposition: Freundschaften, Beziehungen, Wohlstand. Wie weit wird Fine gehen, um ihre Vorortidylle zu beschützen?

Als ich Peter Huths Roman Der Honigmann in die Hand nahm, war ich sofort von dem Titel und der scheinbar idyllischen Thematik fasziniert. Doch dieses Buch ist weit mehr als eine Geschichte über einen netten älteren Herren, der Honig verkauft. Es entpuppt sich als tiefgehende Gesellschaftskritik, die nicht nur den Vorortcharakter, sondern auch die Dynamiken von Angst und sozialem Druck aufzeigt. Die Geschichte spielt in Fischbach, einem Vorort von Berlin, der auf den ersten Blick wie das perfekte Zuhause für junge Familien wirkt. Die Protagonisten Fine und Tim haben hier ihr Paradies gefunden. Sie leben in einem harmonischen, fast märchenhaften Umfeld, wo jeder seine Nachbarn kennt und das Leben scheinbar unbeschwert ist. Dieses Idyll wird durch den „Honigmann“ komplettiert, der einen kleinen Laden eröffnet und mit Honig, Tee und Kakao sowohl Kinder als auch Erwachsene erfreut. Doch schnell entwickelt sich die Erzählung in eine völlig andere Richtung, als ein düsteres Gerücht über die Vergangenheit des Honigmanns die Runde macht und die vermeintliche Harmonie der Vorstadt aufbricht.

Huth beschreibt meisterhaft, wie schnell ein unschuldiges Gerücht zu einer Lawine wird, die alles und jeden in ihrem Weg zerstört. Die Reaktionen der Bewohner von Fischbach sind dabei das eigentlich Spannende. Man erkennt die Furcht vor dem Verlust von Ansehen, Sicherheit und Wohlstand – typische Ängste der Mittelschicht, die Huth hier gekonnt aufzeigt. Was mich besonders beeindruckt hat, ist die Authentizität, mit der die Handlung voranschreitet. Man kann förmlich spüren, wie der soziale Druck steigt, wie sich Freundschaften auflösen und sich die Menschen von ihrer dunkelsten Seite zeigen. Der Honigmann ist somit kein klassischer Kriminalroman, obwohl das Buch gegen Ende tatsächlich fast in ein solches Genre kippt. Vielmehr ist es eine Analyse unserer Gesellschaft, die offenlegt, wie schnell Vorurteile und Missverständnisse unser Verhalten beeinflussen können. Das Gerücht wird zu einer Art Prüfstein für den Zusammenhalt der Gemeinschaft, und es stellt sich immer wieder die Frage: Wie weit wird Fine gehen, um ihre Vorstadtidylle zu retten?

Was mich an der Erzählstruktur begeistert hat, sind die eingeschobenen Passagen, in denen verschiedene Bewohner zu Wort kommen. Diese Abschnitte verleihen der Geschichte eine zusätzliche Dimension, da sie uns tiefe Einblicke in die Denkweisen und Ängste der Menschen in Fischbach gewähren. Es entsteht ein dynamisches Bild von Mitläufertum, Hexenjagd und moralischer Unsicherheit. Besonders beängstigend ist, wie rasch sich Sympathien und Stimmungen in der Nachbarschaft ändern – eine Reflexion auf den schnellen Wandel von Meinungen in unserer digitalen Welt, wie Huth selbst betont. Die Tatsache, dass sich die gesamte Handlung in nur einer Woche abspielt, verstärkt die Dramatik des Geschehens. Als Leser ist man regelrecht gefesselt und möchte wissen, wie es weitergeht, denn jede Entscheidung, die die Figuren treffen, hat weitreichende Konsequenzen. Man fühlt die Wut, die Angst und das Misstrauen in jeder Zeile.

Huth gelingt es, Figuren zu schaffen, die extrem vielschichtig sind. Besonders Fine, die als moralisches Zentrum der Geschichte fungiert, hat mich beeindruckt. Ihre inneren Konflikte und ihre Versuche, das Ruder noch herumzureißen, machen sie zu einer äußerst interessanten Protagonistin. Gleichzeitig erleben wir aber auch andere Figuren, die von ihren Ängsten getrieben werden und Entscheidungen treffen, die sie selbst in ein moralisches Dilemma stürzen. Das Buch endet mit einem dramatischen Finale, das mich zum Nachdenken gebracht hat. Es gibt keinen klassischen „Bösewicht“ und keine einfachen Lösungen. Genau diese Ambivalenz ist es, die mich so sehr an Der Honigmann fasziniert hat.

Peter Huth ist es mit Der Honigmann gelungen, einen Roman zu schreiben, der weit über das bloße Erzählen einer Geschichte hinausgeht. Es ist eine Auseinandersetzung mit den Ängsten unserer Zeit – mit sozialem Druck, dem Streben nach Perfektion und der Angst vor dem Fremden. Die Charaktere wirken lebendig und real, und als Leser wird man dazu angeregt, sich selbst zu fragen: Wie würde ich in solch einer Situation handeln? Das Buch ist sprachlich brillant und gleichzeitig erschreckend aktuell. Wer auf der Suche nach einem fesselnden Gesellschaftsroman ist, der einen noch lange nach dem Lesen beschäftigt, der wird bei Der Honigmann fündig. Für mich ist es eine absolute Leseempfehlung.

Der Honigmann

8.4

Aufmachung

8.5/10

Umfang

8.6/10

Schreibstil

8.5/10

Thema

8.4/10

Aufbau

8.4/10

Lesbarkeit

8.5/10

Illustrationen

8.0/10

Umsetzung

8.5/10

Hat mir besonders gefallen

  • Der Roman analysiert soziale Dynamiken, Vorurteile und den Druck innerhalb einer Gemeinschaft auf eindrucksvolle Weise.
  • Die Figuren sind realistisch und gut ausgearbeitet, wodurch ihre Handlungen und Entwicklungen glaubwürdig wirken.
  • Eingeschobene Passagen und Perspektivenwechsel bieten tiefe Einblicke in die Gedanken und Motivationen der Bewohner von Fischbach.
  • Die spannende Handlung und die emotionalen Konflikte fesseln den Leser und sorgen für eine intensive Leseerfahrung.
  • Thematisiert aktuelle gesellschaftliche Themen wie Gentrifizierung, Social Media und den Einfluss von Gerüchten auf Gemeinschaften.
Mediennerd
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Medienproduzent/Blogger, Katzenliebhaber und 1. FC Köln Fan im hohen Norden. Mit meiner Berufs- und Lebenserfahrung teste und vermarkte ich seit 2009 Produkte aller Art. Sie erhalten immer ein ehrliches Feedback.
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