Der ewige Westen

Der ewige Westen: Wie ein Land nach sich selbst suchte und die alte Bundesrepublik fand ist ein Buch aus dem Verlag Das Neue Berlin und erschien am 5. Juli 2024. 

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Der ewige Westen

Die scheinbar unversöhnlichen Interpretationen des Ost-West-Verhältnisses sind allgegenwärtig. Entgegen der üblichen Herangehensweise, den Osten stets als zu analysierendes Objekt zu betrachten, richtet der Historiker und Philosoph Jürgen Große den Blick nun auf den Betrachter selbst, und fragt: »Was ist das für ein Gebilde, das sein Selbstverständnis aus einem imaginären Deutschland der anderen bezieht?« Nach 33 Jahren Einheit lädt dieses Werk zur Selbstreflexion im Westen ein, indem es dessen Abgrenzungsbedürfnis vom Osten als eine fragwürdige Notwendigkeit problematisiert. Eine intellektuelle Reise, die Geschichte und Gegenwart neu verknüpft und eine neue Perspektive auf eine deutsch-deutsche Identität anbietet.

„Der ewige Westen: Wie ein Land nach sich selbst suchte und die alte Bundesrepublik fand“ von Jürgen Große ist ein provokantes und tiefgründiges Werk, das die aktuelle Identitätskrise des Westens beleuchtet. Als Leser habe ich das Buch mit einem gewissen Vorbehalt begonnen, da das Thema der deutsch-deutschen Beziehungen oft von Vorurteilen und Klischees geprägt ist. Doch bereits nach den ersten Seiten wurde mir klar, dass Große eine mutige und differenzierte Perspektive einnimmt, die über die übliche Ost-West-Dichotomie hinausgeht. Jürgen Große, ein Historiker und Philosoph, der für seine scharfsinnigen Analysen bekannt ist, legt in diesem Buch den Finger in die Wunde der westdeutschen Selbstwahrnehmung. Der Autor, der bereits mehrere Auszeichnungen für seine Arbeiten erhalten hat, beleuchtet die westdeutsche Identität, die nach der Wiedervereinigung von einem ambivalenten Verhältnis zum Osten geprägt ist. Statt den Osten weiterhin als den „Anderen“ zu betrachten, wie es in vielen Diskussionen üblich ist, dreht Große den Spieß um und fordert den Westen auf, sich selbst zu hinterfragen. Diese Perspektive ist nicht nur erfrischend, sondern auch notwendig, um die innerdeutschen Spannungen besser zu verstehen.

Das Buch ist in elf Kapitel unterteilt, die sich mit verschiedenen Aspekten der westdeutschen Identität und ihrer Entwicklung seit der Wiedervereinigung befassen. Große beschreibt, wie der Westen zwischen der Rolle einer moralischen Supermacht und einer materiellen Wohlstandsinsel hin- und hergerissen ist. Diese Spannung zieht sich durch die gesamte Erzählung und macht deutlich, dass der Westen sich bis heute nicht wirklich gefunden hat. Ein zentrales Thema des Buches ist die Rolle der Medien und der öffentlichen Diskurse, die laut Große eine verzerrte Wahrnehmung des Ostens fördern. Besonders eindringlich beschreibt er, wie nach der russischen Invasion in der Ukraine 2022 die Ostdeutschen in den westdeutschen Medien als „Putinversteher“ stigmatisiert wurden. Diese Darstellung trägt seiner Meinung nach dazu bei, den Westen in einer moralisch überlegenen Position zu halten, was jedoch den Graben zwischen Ost und West weiter vertieft.

Große geht aber noch weiter und kritisiert die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, die seiner Meinung nach den Westen zu einem Spiegelbild seiner eigenen Widersprüche gemacht haben. Dabei verweist er auf die wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten, die durch die Wiedervereinigung nicht gelöst, sondern eher verschärft wurden. Diese Analyse mag für einige Leser unbequem sein, doch sie ist notwendig, um die aktuellen Herausforderungen besser zu verstehen. Was mir besonders an diesem Buch gefällt, ist die Klarheit und Präzision, mit der Große seine Argumente darlegt. Obwohl die Themen komplex sind, gelingt es ihm, sie auf eine Weise zu präsentieren, die sowohl tiefgründig als auch zugänglich ist. Seine Sprache ist pointiert und teilweise provokativ, was den Leser dazu zwingt, seine eigenen Überzeugungen zu hinterfragen.

Dennoch ist „Der ewige Westen“ kein leicht zu lesendes Buch. Es erfordert Aufmerksamkeit und die Bereitschaft, sich auf schwierige Themen einzulassen. Einige Passagen, besonders jene, die sich mit historischen Details befassen, können für Leser ohne Vorwissen herausfordernd sein. Doch gerade diese Tiefe macht das Buch so wertvoll. Insgesamt bietet Jürgen Große mit „Der ewige Westen“ einen wichtigen Beitrag zur Diskussion über die deutsche Identität und die innerdeutschen Spannungen. Es ist ein Buch, das zum Nachdenken anregt und dazu ermutigt, die gängigen Narrative zu hinterfragen. Für jeden, der sich für die deutsch-deutsche Geschichte und die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen interessiert, ist dieses Buch eine absolute Leseempfehlung. Das Werk ist im Verlag Das Neue Berlin erschienen und fügt sich nahtlos in das anspruchsvolle Programm des Verlags ein, der für seine kritischen und gesellschaftspolitisch relevanten Publikationen bekannt ist. Wer sich auf die Lektüre einlässt, wird reichlich belohnt – mit neuen Einsichten und einer erweiterten Perspektive auf das, was Deutschland heute ausmacht​.

Der ewige Westen

8.2

Aufmachung

8.0/10

Umfang

8.1/10

Schreibstil

8.4/10

Thema

8.7/10

Aufbau

8.5/10

Lesbarkeit

8.5/10

Illustrationen

7.0/10

Umsetzung

8.2/10

Hat mir besonders gefallen

  • Jürgen Große bietet eine tiefgehende Untersuchung der westdeutschen Selbstwahrnehmung nach der Wiedervereinigung, die über gängige Klischees hinausgeht.
  • Das Buch richtet den Fokus auf den Westen und fordert zur Selbstreflexion auf, anstatt den Osten nur als Objekt der Analyse zu betrachten.
  • Große bezieht sich auf aktuelle politische Ereignisse, wie die russische Invasion 2022, und deren Einfluss auf die innerdeutsche Wahrnehmung, was das Buch sehr zeitgemäß macht.
  • Trotz der Komplexität der Themen ist das Buch klar und prägnant geschrieben, was es sowohl tiefgründig als auch zugänglich macht.
  • Große scheut sich nicht davor, unbequeme Wahrheiten auszusprechen und die bestehenden Narrative infrage zu stellen.
Mediennerd
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Medienproduzent/Blogger, Katzenliebhaber und 1. FC Köln Fan im hohen Norden. Mit meiner Berufs- und Lebenserfahrung teste und vermarkte ich seit 2009 Produkte aller Art. Sie erhalten immer ein ehrliches Feedback.
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