Demokratie und Krieg (dtv Verlag)
September 2024
Demokratie und Krieg
Das Buch Demokratie und Krieg von Norbert Röttgen trifft den Nerv der Zeit. In einer Welt, die von geopolitischen Krisen erschüttert wird, analysiert Röttgen eindrucksvoll die Verbindung zwischen Außenpolitik und der inneren Verfassung westlicher Demokratien. Besonders als Deutscher stelle ich mir die Frage: Wie sollte unser Land auf die wachsenden Bedrohungen reagieren, die sowohl von außen als auch von innen auf uns einwirken? Und wie prägen diese Gefahren unsere politische Identität?
Schon beim ersten Blick auf den Titel wird klar, dass Röttgen hier keine oberflächlichen Antworten liefert, sondern tief in die Materie eintaucht. Sein Buch behandelt Themen, die aktueller nicht sein könnten: Von Russlands Krieg gegen die Ukraine über Chinas Expansion bis hin zu den immer tiefere Gräben ziehenden Konflikten in westlichen Gesellschaften selbst. Dabei bleibt Röttgen nicht bei der Diagnose stehen, sondern gibt konkrete Handlungsanweisungen, wie Deutschland und Europa in dieser unsicheren Welt bestehen können.
Norbert Röttgen: Ein profilierter Außenpolitiker
Der Autor, Norbert Röttgen, ist kein Unbekannter auf der politischen Bühne. Als langjähriger Bundestagsabgeordneter und ehemaliger Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses hat er tiefe Einblicke in die außenpolitischen Herausforderungen Europas. Dies spiegelt sich auch in seinem Buch wider. Röttgen ist ein überzeugter Transatlantiker und plädiert dafür, dass Europa und insbesondere Deutschland eine stärkere Rolle in der globalen Sicherheitsarchitektur einnehmen müssen. In Demokratie und Krieg analysiert er scharfsinnig die komplexen Dynamiken der internationalen Beziehungen und zeigt, dass die Zeit der Zurückhaltung für Deutschland vorbei ist.
Die zentrale These: Innen- und Außenpolitik sind untrennbar verbunden
Eine der stärksten Thesen des Buches ist die enge Verknüpfung von Außenpolitik und innerer Stabilität der Demokratien. Röttgen argumentiert, dass die Bedrohungen von außen – sei es der russische Krieg, chinesische Machtansprüche oder die Instabilität im Nahen Osten – auch die inneren Strukturen der westlichen Demokratien untergraben. Die Legitimationsprobleme der politischen Eliten und die wachsende Spaltung in der Gesellschaft sind keine isolierten Phänomene. Sie hängen eng mit den geopolitischen Krisen zusammen, denen sich Europa gegenüber sieht.
Diese These trifft für mich besonders ins Schwarze. Gerade in Deutschland spüren wir die Auswirkungen internationaler Krisen immer stärker: Populistische Parteien gewinnen an Boden, während die etablierten politischen Kräfte an Vertrauen verlieren. Die Frage, wie wir als Gesellschaft auf diese Herausforderungen reagieren, wird in den nächsten Jahren zentral sein.
Ein Appell an die politische Führung
Röttgen kritisiert offen die fehlende politische Führung in Deutschland und Europa. Er fordert mehr Mut und Entschlossenheit von den politischen Entscheidungsträgern. In seinen Augen kann Deutschland eine Schlüsselrolle in Europa übernehmen – aber nur, wenn es seine sicherheitspolitische Zurückhaltung aufgibt. Diese Botschaft ist klar: Die politische Führung muss bereit sein, Verantwortung zu übernehmen und auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen, um die Stabilität und Sicherheit in Europa zu gewährleisten.
Diese Kritikpunkte finde ich äußerst treffend. Viele politische Debatten hierzulande verlaufen im Sand, ohne dass wirklich entschieden wird, wie Deutschland seine Rolle in der Welt definieren möchte. Röttgens Plädoyer für eine aktivere Außenpolitik mag kontrovers sein, ist aber in Anbetracht der globalen Entwicklungen dringend notwendig.
Ein Wegweiser in unsicheren Zeiten
Was mir besonders gut gefällt, ist Röttgens konstruktiver Ansatz. Trotz aller Kritik bleibt er optimistisch, dass politische Veränderungen möglich sind. Er zeigt auf, dass die Demokratien des Westens durchaus in der Lage sind, die aktuellen Krisen zu bewältigen – wenn sie sich ihrer Stärke bewusst werden und entschlossen handeln. Seine Vorschläge reichen von einer stärkeren europäischen Kooperation bis hin zu einer Erneuerung der transatlantischen Beziehungen.
Fazit: Pflichtlektüre für politisch Interessierte
Demokratie und Krieg ist kein Buch für leichte Lektüre zwischendurch. Es fordert den Leser heraus, sich intensiv mit den großen Fragen unserer Zeit auseinanderzusetzen. Doch genau das macht es so wertvoll. Für jeden, der sich für Politik, internationale Beziehungen und die Zukunft Europas interessiert, ist dieses Buch eine Pflichtlektüre. Norbert Röttgen bietet nicht nur eine scharfsinnige Analyse der aktuellen Krisen, sondern auch eine klare Handlungsanweisung für die politischen Entscheidungsträger. In einer Zeit globaler Unsicherheit ist dieses Buch ein unverzichtbarer Begleiter, der uns zeigt, wie wir unsere Demokratien stärken und gleichzeitig den Bedrohungen von außen begegnen können.
Mit Demokratie und Krieg hat Röttgen ein Werk geschaffen, das mich sowohl inhaltlich als auch stilistisch überzeugt hat. Seine klare Sprache und die Tiefe seiner Argumentation machen das Buch zu einem wichtigen Beitrag in der aktuellen Debatte um die Rolle Deutschlands in der Welt.


