Und Wien leuchtete (dtv)
November 2024
Und Wien leuchtete
„Und Wien leuchtete“ von Henny Arland ist mehr als nur ein historischer Roman – es ist eine Reise in die pulsierende Metropole Wien der späten 1920er Jahre. Die Autorin nimmt uns mit in eine Welt voller Glanz, Kultur und Geheimnisse, in der sich die Schicksale dreier faszinierender Frauen verweben. Auf der Bühne einer Stadt, die gleichermaßen für ihre Pracht wie für ihre Abgründe bekannt ist, entfaltet sich ein beeindruckendes Panorama von Freundschaft, Intrigen und der Konfrontation mit einer nicht immer glorreichen Vergangenheit.
Die Geschichte lässt uns tief eintauchen in das Leben von Anna Sacher, Emilie Flöge und Helene Stein-Kleiner – drei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch eines gemeinsam haben: Sie gehören zu den „Königinnen von Wien“. Mit einem Stil, der gleichzeitig detailreich und atmosphärisch ist, zeichnet Arland ein lebendiges Bild dieser besonderen Epoche. Für Leser, die historische Romane lieben, ist dieses Buch ein echter Schatz.
Handlung und Charaktere
Im Mittelpunkt der Handlung stehen die drei Frauen, deren Lebensgeschichten sich in der prächtigen Kulisse Wiens überschneiden. Anna Sacher, die legendäre Leiterin des weltberühmten Hotels Sacher, ist eine Persönlichkeit, die ebenso stark wie eigenwillig ist. Ihre Bulldoggen und Zigarren sind ihr Markenzeichen, doch hinter der robusten Fassade verbirgt sich eine Frau, die stets um ihren Platz in der Männerwelt kämpfen musste.
Emilie Flöge, eine Modeschöpferin mit einem Hauch von Exzentrik, ist ein Symbol für die moderne Frau ihrer Zeit. Als Muse von Gustav Klimt bewegt sie sich in den künstlerischen Kreisen Wiens und führt einen Modesalon, der Avantgarde und Eleganz vereint. Ihr Charakter verleiht der Geschichte eine kreative, fast rebellische Note.
Helene Stein-Kleiner hingegen steht für den traditionellen Teil der Wiener Gesellschaft. Sie ist die Ehefrau eines reichen Zuckerfabrikanten, doch ein Skandal überschattet ihr Leben und macht sie zur Außenseiterin in der feinen Gesellschaft. Ihre Geschichte bringt Tiefe und Tragik in den Roman und zeigt die dunklen Seiten eines scheinbar glanzvollen Lebens.
Die Dynamik zwischen diesen drei Frauen wird durch die Ankunft von Fräulein Wimmer, einer jungen Reporterin aus Berlin, aufgerüttelt. Wimmers Anliegen, Interviews mit den Protagonistinnen zu führen, entpuppt sich schnell als Tarnung für ganz andere Absichten. Stück für Stück wird enthüllt, dass sie mit einer Vergangenheit verbunden ist, die für die drei Frauen von zentraler Bedeutung ist.
Stil und Atmosphäre
Henny Arland beweist in „Und Wien leuchtete“ ein außergewöhnliches Gespür für Atmosphäre. Die Stadt Wien wird nicht nur beschrieben, sondern förmlich zum Leben erweckt. Die prächtigen Kaffeehäuser, die Salons, die engen Gassen – all das wird mit einer solchen Detailgenauigkeit gezeichnet, dass man sich als Leser mitten in der Szene wähnt.
Der Schreibstil ist elegant und dennoch leicht zugänglich. Arland schafft es, historische Fakten und fiktive Elemente so zu verknüpfen, dass die Geschichte glaubwürdig und mitreißend bleibt. Besonders beeindruckend sind die Dialoge, die den Geist der damaligen Zeit einfangen und die Charaktere lebendig wirken lassen.
Themen und Motive
„Und Wien leuchtete“ greift eine Vielzahl von Themen auf, die auch heute noch aktuell sind. Im Zentrum stehen die Themen Freundschaft und Loyalität, aber auch die Suche nach der eigenen Identität und die Frage, wie viel Einfluss die Vergangenheit auf unsere Gegenwart haben sollte.
Ein weiteres zentrales Motiv ist die Rolle der Frau in einer patriarchalischen Gesellschaft. Die drei Protagonistinnen verkörpern unterschiedliche Facetten des Frauseins in den 1920er Jahren: die Kämpferin, die Künstlerin und die Angepasste, die dennoch gegen die Konventionen aufbegehrt.
Die unterschiedlichen sozialen Hintergründe der Frauen ermöglichen es der Autorin, ein breites Spektrum der Wiener Gesellschaft abzubilden, von der glamourösen High Society bis zu den Schattenseiten, die oft verborgen bleiben.
Über die Autorin
Henny Arland ist eine deutsche Autorin, die Germanistik sowie Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften studiert hat. Ihre beruflichen Erfahrungen als Rechercheurin und Drehbuchautorin prägen ihren klaren und bildhaften Stil, der sich besonders für historische Stoffe eignet. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin und widmet sich neben dem Schreiben auch journalistischen Projekten. Ihre Leidenschaft für Geschichte und Geschichten ist in jedem Satz dieses Buches spürbar.
Fazit
„Und Wien leuchtete“ ist ein Werk, das Historie und Fiktion meisterhaft miteinander verwebt. Der Roman beeindruckt nicht nur durch seine sorgfältige Recherche und die authentische Darstellung der Wiener Gesellschaft, sondern auch durch seine komplexen und tiefgründigen Charaktere.
Für mich war das Buch eine wahre Entdeckung. Die Verknüpfung der Schicksale dreier starker Frauen mit einer faszinierenden historischen Kulisse hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Es ist ein Buch, das nachklingt und dazu einlädt, sich intensiver mit der Geschichte Wiens und den Herausforderungen der Frauen dieser Epoche auseinanderzusetzen. Eine klare Leseempfehlung!