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Das verordnete Schweigen: Zensur von Fall zu Fall

Das verordnete Schweigen (Osburg Verlag)

Oktober 2024

Von Sokrates bis Solidarność, von Galilei bis zu Trumps Twitter-Konto, vom Verbot der »Lady Chatterly« und von Monika Maron bis zum Sensitivity Reading.
von Barbara Sichtermann (Herausgeber), Simon Brückner (Herausgeber), Jens Johler (Herausgeber)
Genre: Geschichte
85%
Umfang
80%
Schreibstil
90%
Thema
75%
Lesbarkeit
70%
Buchcover
60%
Illustrationen
„Das verordnete Schweigen: Zensur von Fall zu Fall“ ist ein eindrucksvoller Sammelband, der das Thema Zensur aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und historische wie aktuelle Formen dieser Praxis untersucht.


77%

Das verordnete Schweigen: Zensur von Fall zu Fall

„Das verordnete Schweigen: Zensur von Fall zu Fall“ bietet eine fundierte und tiefgehende Untersuchung des Themas Zensur und beleuchtet, wie Meinungsfreiheit in verschiedenen gesellschaftlichen Kontexten beschränkt wurde und wird. Herausgegeben von Barbara Sichtermann, Simon Brückner und Jens Johler, ist dieses Buch nicht nur ein Spiegel vergangener und gegenwärtiger Zensurpraktiken, sondern auch ein Kommentar zur Rolle von Autorität und Macht in der Gestaltung öffentlicher Diskurse. Die Herausgeber versammeln verschiedene Autoren, die historische und aktuelle Fälle von Zensur dokumentieren und analysieren. Es ist ein Werk, das zur Reflektion und zum Diskurs einlädt und aktuelle Entwicklungen mit einem breiten historischen Wissen verknüpft.

Inhaltliche Vielfalt und Struktur

„Das verordnete Schweigen“ vereint über zwanzig verschiedene Fallstudien, die von der Antike bis in die Gegenwart reichen. Dabei sind viele der behandelten Fälle allgemein bekannt, wie etwa das Schicksal von Sokrates im antiken Griechenland, der Druck der katholischen Kirche auf Galileo Galilei im Mittelalter oder die Indizierung des Romans „Lady Chatterley’s Lover“ im 20. Jahrhundert. Aber das Buch geht darüber hinaus und thematisiert auch weniger bekannte, jedoch nicht minder relevante Fälle von Zensur, die die Entwicklung der Gesellschaft maßgeblich beeinflusst haben.

Einer der beeindruckenden Aspekte dieses Sammelbands ist die Diversität der Fälle, die von verschiedenen Autoren beleuchtet werden. Die Leserschaft erhält Einblicke in die Mechanismen, die unterschiedliche Kulturen und Gesellschaften genutzt haben, um unliebsame Stimmen zum Schweigen zu bringen. Jeder Beitrag ist eine Art eigenständige Fallstudie, die das Thema Zensur unter einem spezifischen Aspekt beleuchtet, sei es durch politische, religiöse oder soziale Motive. Diese Vielfalt an Perspektiven macht das Werk besonders wertvoll, da es nicht versucht, Zensur als eindimensionale Handlung zu erklären, sondern die Komplexität und Mehrdimensionalität dieses Themas verdeutlicht.

Schreibstil und Lesbarkeit

Die sprachliche Gestaltung der einzelnen Beiträge ist bemerkenswert zugänglich. Der Sammelband ist von unterschiedlichen Autoren verfasst, was einen abwechslungsreichen Schreibstil zur Folge hat, der jedoch nie die Verständlichkeit einschränkt. Gerade bei einem so theoretisch und historisch anspruchsvollen Thema ist es bemerkenswert, dass die Herausgeber es geschafft haben, ein Werk zusammenzustellen, das auch für Leser ohne tiefgehendes Vorwissen interessant und verständlich bleibt.

Durch die klare Struktur und die prägnante Darstellung jedes Falls wird der Lesefluss unterstützt. Fachjargon wird weitestgehend vermieden oder auf verständliche Weise erklärt, was das Buch nicht nur für ein Fachpublikum, sondern auch für Laien attraktiv macht. Besonders hervorzuheben ist, dass die unterschiedlichen Fallstudien jeweils einen klaren roten Faden verfolgen und sich darauf konzentrieren, die spezifischen Mechanismen, Motive und Konsequenzen der jeweiligen Zensurakte herauszuarbeiten. Die Leserschaft erhält somit ein lebendiges Bild von der Geschichte der Zensur und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft.

Relevanz des Themas

Die Beschäftigung mit Zensur hat in unserer heutigen Zeit eine besondere Relevanz. Während in der Vergangenheit Zensur häufig durch staatliche Institutionen oder religiöse Einrichtungen durchgesetzt wurde, erleben wir heute neue Formen der Einschränkung der Meinungsfreiheit. Begriffe wie „Cancel Culture“ und „Sensitivity Reading“ sind mittlerweile in der öffentlichen Diskussion angekommen und verdeutlichen, dass das Thema Zensur keineswegs ein Relikt der Vergangenheit ist.

„Das verordnete Schweigen“ lädt dazu ein, über diese modernen Formen der Meinungsbeschränkung zu reflektieren und sie in einen historischen Kontext zu setzen. Das Buch zeigt eindrucksvoll, dass die Mechanismen, die zur Einschränkung der Meinungsfreiheit genutzt werden, oft universell sind und sich lediglich den jeweiligen gesellschaftlichen und technischen Gegebenheiten anpassen. Gerade in einer Zeit, in der die Grenzen zwischen Meinungsfreiheit und Hate Speech verschwimmen und das Internet neue Formen der Kontrolle und Zensur ermöglicht, ist dieses Buch eine wertvolle Lektüre für alle, die sich mit diesen Entwicklungen auseinandersetzen möchten.

Gestaltung und Buchcover

Das Buch ist als gebundene Ausgabe im Osburg Verlag erschienen und umfasst insgesamt 360 Seiten. Das Cover des Buches ist eher schlicht gehalten und verzichtet auf auffällige Illustrationen oder grafische Elemente. Dies mag auf den ersten Blick etwas unscheinbar wirken, ist jedoch durchaus passend zur Thematik des Buches. Ein solches Werk, das sich mit einem ernsten und vielschichtigen Thema auseinandersetzt, profitiert von einem zurückhaltenden Design, das dem Inhalt den Vorrang lässt. Die schlichte Gestaltung des Covers lenkt nicht von der Thematik ab und vermittelt zugleich eine gewisse Ernsthaftigkeit.

Auch die innere Gestaltung des Buches ist ansprechend. Die Beiträge sind übersichtlich gegliedert und jeweils mit einem kurzen Einleitungstext versehen, der dem Leser eine Orientierung gibt. Die hochwertige Verarbeitung des Buches unterstreicht den Anspruch des Verlags, ein Werk von bleibendem Wert herauszugeben, das nicht nur informativ, sondern auch ästhetisch ansprechend ist.

Über die Herausgeber

Barbara Sichtermann ist eine bekannte und vielfach ausgezeichnete Journalistin und Autorin, die sich seit den 1970er-Jahren in der deutschen Medienlandschaft etabliert hat. Sie hat bereits zahlreiche Bücher veröffentlicht, in denen sie sich unter anderem mit Themen wie Frauenpolitik, Medienkritik und Kultur auseinandersetzt. 2015 wurde sie mit dem renommierten Theodor-Wolff-Preis für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Simon Brückner studierte Kulturwissenschaften und ist heute als Dokumentarfilmer und Autor tätig. Jens Johler ist ein vielseitiger Schriftsteller und Dramatiker, der sowohl in der Literatur als auch im Theater und Rundfunk tätig ist. Diese Vielfalt an Perspektiven und Erfahrungen spiegelt sich in der Tiefe und Qualität des Sammelbands wider und trägt dazu bei, dass das Buch einen umfassenden Einblick in die Mechanismen der Zensur bietet.

Fazit

„Das verordnete Schweigen: Zensur von Fall zu Fall“ ist ein eindrucksvoller Sammelband, der das Thema Zensur aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und historische wie aktuelle Formen dieser Praxis untersucht. Durch die Vielzahl an Fallstudien und Perspektiven wird die Komplexität der Zensur in ihrer ganzen Breite und Tiefe aufgezeigt. Das Buch ist sowohl für historisch interessierte Leser als auch für diejenigen, die sich mit gegenwärtigen Debatten über Meinungsfreiheit und Zensur beschäftigen, eine lohnenswerte Lektüre. Es regt zum Nachdenken an und bietet wertvolle Einsichten in ein Thema, das von großer gesellschaftlicher Bedeutung ist.

Mediennerd
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Medienproduzent/Blogger, Katzenliebhaber und 1. FC Köln Fan im hohen Norden. Mit meiner Berufs- und Lebenserfahrung teste und vermarkte ich seit 2009 Produkte aller Art. Sie erhalten immer ein ehrliches Feedback.
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