Blöße (Braumüller Verlag)
Oktober 2024
Blöße
„Blöße,“ der zweite Roman von Elvira Steppacher, nimmt seine Leser mit auf eine emotionale Reise, die sich rund um Umweltbewusstsein, persönliche Tragödien und die Suche nach Identität dreht. Zwei junge Frauen, Moira und Sibylle, stehen im Mittelpunkt dieser vielschichtigen Geschichte. Moira, eine entschlossene Tierschützerin, und Sibylle, eine zurückhaltende Tierpräparatorin, verbindet die Leidenschaft, gegen das Artensterben und den Klimawandel anzukämpfen. Ihre Methoden könnten jedoch nicht unterschiedlicher sein, was zu ständigen Spannungen führt. Im Laufe der Handlung verlieben sich die beiden ineinander, bis ein schwerwiegendes Familiengeheimnis ihre Beziehung abrupt zerstört: Die beiden sind Halbgeschwister. Dieser unerwartete Schock stellt ihre Verbindung auf die Probe und zwingt sie, ihre eigenen Werte und Überzeugungen neu zu überdenken.
Einblicke in das Werk und seine Themen
„Blöße“ ist nicht nur eine Geschichte über die Liebe und die Tragik familiärer Verbindungen, sondern auch eine tiefgehende Reflexion über die Dringlichkeit des Naturschutzes und die Bedeutung persönlicher Opfer. Die Figur Moira, die radikal den Freitod wählt, wird für Sibylle zu einem symbolischen Mahnmal, das die Dringlichkeit ihrer gemeinsamen Ideale noch stärker in den Fokus rückt. Sibylle wendet sich schließlich der Kunst zu und beginnt, in Tierpräparationen einen Weg zu sehen, die Wunden ihrer Vergangenheit sowie die Verluste der Natur greifbar zu machen.
Die Rolle des Future-Lab
Im letzten Teil der Geschichte wird Sibylle mit der modernen Wissenschaft konfrontiert, als ein sogenanntes „Future-Lab“ ihr anbietet, Gentechnik als Lösung für das Artensterben einzusetzen. Sie wird vor die Wahl gestellt, entweder an altbewährten, künstlerischen Methoden festzuhalten oder auf die technologischen Möglichkeiten der Gentechnik zurückzugreifen. Diese Entscheidung bringt das zentrale Dilemma des Buches auf den Punkt: Wie weit darf und kann der Mensch gehen, um die Natur zu retten?
Der Schreibstil von Elvira Steppacher
Steppacher schafft es, mit einem intensiven, beinahe poetischen Schreibstil, die innere Zerrissenheit ihrer Charaktere greifbar zu machen. Ihre Sprache ist detailreich und emotional geladen, wodurch Leser sich in die komplexen Gedanken und Gefühle von Moira und Sibylle einfühlen können. Die bildhafte Sprache der Autorin betont die Themen des Verlustes und der Wiedergewinnung, was „Blöße“ zu einem literarischen Werk macht, das den Leser herausfordert und zum Nachdenken anregt.
Über die Autorin
Elvira Steppacher hat sich in den letzten Jahren mit ihren Romanen, Essays und Gedichten einen Namen gemacht. Geboren und lebend in München, erlangte sie durch ihre literarische Vielfalt Anerkennung, insbesondere mit ihrem Debütroman „Von Fall zu Fall. Ein Stundenheft,“ der 2022 ebenfalls im Braumüller Verlag erschien. Ihre Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet, darunter der Literaturpreis der Wiener Ärztekammer im Jahr 2021. Diese Auszeichnung betont ihre Fähigkeit, emotionale und gesellschaftliche Themen in kraftvollen, oft schonungslosen Texten darzustellen. Steppacher bezieht in ihren Werken oft die Zerrissenheit der modernen Gesellschaft und die Herausforderungen des Lebens mit ein, was ihre Literatur einzigartig und bedeutsam macht.
Fazit
„Blöße“ ist ein tiefgründiges Werk, das sich an Leser richtet, die sich für aktuelle Umweltfragen und komplexe zwischenmenschliche Beziehungen interessieren. Es stellt Fragen über unsere Verantwortung gegenüber der Natur und zeigt auf, wie persönliche Verluste und Traumata die Lebensentscheidungen prägen können. Elvira Steppacher gelingt es, mit „Blöße“ ein bewegendes und zugleich kritisches Porträt einer Generation zu zeichnen, die zwischen Tradition und technologischem Fortschritt hin- und hergerissen ist. Wer sich auf die Tiefe und die Vielschichtigkeit dieses Romans einlässt, wird mit einer eindringlichen Geschichte belohnt, die lange nachhallt.