Judenhass im Kunstbetrieb (Neofelis Verlag)
Oktober 2024
Judenhass im Kunstbetrieb
Das Buch Judenhass im Kunstbetrieb: Reaktionen nach dem 7. Oktober 2023, herausgegeben von Matthias Naumann und veröffentlicht im Neofelis Verlag, beschäftigt sich mit einem äußerst brisanten Thema: dem Antisemitismus, der nach dem Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 global aufflammte – insbesondere in der Kunst- und Kulturszene, die sich als progressiv und weltoffen versteht. Als ich dieses Buch las, wurde mir klar, wie tief die Risse in der Kulturwelt sind, und wie stark sich diese seit dem 7. Oktober verändert hat.
Ein erschütternder Kontext: Der 7. Oktober 2023
Die Ereignisse des 7. Oktober haben die Welt erschüttert. Die Angriffe der Hamas, bei denen über 1.200 Menschen getötet und zahlreiche weitere entführt wurden, lösten nicht nur militärische Auseinandersetzungen im Nahen Osten aus, sondern führten auch zu einem globalen Aufflammen des Antisemitismus. Das Buch greift diese Entwicklungen auf und zeigt, wie der Kunstbetrieb auf diese Ereignisse reagierte. Besonders beängstigend ist, wie die Gewalt von einigen Teilen der Kulturszene als eine Form der „poetischen Gerechtigkeit“ dargestellt wurde.
Ein tief gespaltenes Milieu
Ein zentrales Thema des Buches ist, wie der Antisemitismus in der Kunstwelt oft unter dem Deckmantel des Postkolonialismus und der vermeintlichen Progressivität gedeiht. Besonders in den sozialen Netzwerken wurde das Massaker von einigen Künstlerinnen verharmlost oder gar glorifiziert. Das entsetzte mich zutiefst, denn wie kann eine Szene, die sich als aufgeschlossen und weltoffen versteht, solch schreckliche Verbrechen rechtfertigen? Die Autoren, darunter namhafte Wissenschaftlerinnen wie Jakob Baier, Ole Frahm und Stella Leder, analysieren die unterschiedlichen Reaktionen innerhalb der Kunstbereiche – von Theater und Literatur bis hin zur bildenden Kunst.
Matthias Naumann: Ein analytischer Herausgeber
Der Herausgeber Matthias Naumann ist mir bereits als eine bedeutende Stimme im kulturpolitischen Diskurs bekannt. In diesem Buch stellt er wieder unter Beweis, dass er komplexe Themen prägnant und klar aufbereiten kann. Naumann bringt renommierte Expertinnen zusammen, die aus verschiedenen Blickwinkeln den Judenhass im Kunstbetrieb beleuchten. Besonders schockierend ist die Art und Weise, wie Israel in vielen Teilen der Kulturszene als „kolonialer Siedlerstaat“ diffamiert wird und antisemitische Narrative salonfähig geworden sind. Die Beiträge der verschiedenen Autorinnen decken die ganze Bandbreite dieses Antisemitismus auf – von offenen Verbalattacken bis hin zu subtilem Schweigen und der Weigerung, sich klar gegen die Hamas zu positionieren.
Ein erschütterndes Schweigen
Besonders prägnant ist die Analyse des Schweigens in der Kulturszene. Während es in der Vergangenheit oft Konsens war, sich gegen jegliche Form von Hass zu positionieren, blieb nach dem 7. Oktober ein Großteil der Kunstszene still oder zeigte wenig Empathie für die Opfer. Dieses Schweigen ist laut dem Buch besonders in städtischen Metropolen und an Universitäten zu beobachten, wo sich das progressive und linksliberale Milieu traditionell verortet.
Die Essays im Buch zeigen deutlich, dass die Gleichsetzung von Israelkritik und Antisemitismus zu einer gefährlichen Normalisierung von Hass gegen Juden geführt hat. Vor allem die Nicht-Reaktionen von Künstler*innen und Kulturinstitutionen auf die Verbrechen der Hamas sind besorgniserregend.
Konsequenzen für die Zukunft der Kultur
Was mir besonders im Gedächtnis geblieben ist, sind die Überlegungen zur Zukunft der Kultur. Das Buch wirft die Frage auf, wie der Kunstbetrieb nach diesen Spaltungen überhaupt noch funktionieren kann. Wird die Kunst weiterhin als Plattform für radikale politische Positionierungen missbraucht oder gelingt es, wieder zu einem humanistischen Verständnis von Kunst zurückzukehren? Die Autor*innen diskutieren mögliche Lösungsansätze, wie man diesem Hass begegnen könnte, doch am Ende bleibt die Frage offen, ob die Kunstwelt noch zu retten ist.
Fazit: Ein Buch, das aufrüttelt
Judenhass im Kunstbetrieb ist ein wichtiges und notwendiges Buch, das uns die Augen öffnet für die dunklen Seiten einer Szene, die sich oft als moralische Instanz sieht. Die Essays decken auf, wie tief der Antisemitismus in manchen Teilen des Kunstbetriebs verwurzelt ist und wie dieser durch ideologische Überzeugungen gerechtfertigt wird. Das Buch ist keine leichte Lektüre, aber es ist eine, die in Zeiten wie diesen unverzichtbar ist. Es zwingt uns, unsere eigenen Überzeugungen zu hinterfragen und fordert uns auf, nicht länger wegzusehen.